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Bauern-Protest in FrankreichBlockaden an deutscher Grenze

Seit Tagen demonstrieren französische Landwirte gegen ausländische Agrarprodukte. In der Nacht zu Montag versperrten sie mit Traktoren die Straßen.

Die Landwirte kritisieren die Verzerrung des Wettbewerbs durch Unterschiede bei den Arbeitskosten Foto: dpa

Straßburg afp | Französische Landwirte haben an den Grenzen zu Deutschland und Spanien Barrieren aufgebaut, um Lastwagen mit ausländischen Agrarprodukten an der Überquerung der Grenze nach Frankreich zu hindern. Die Bauern blockierten mit ihren Traktoren am Sonntagabend sechs Straßen an der Grenze zu Deutschland, um gegen „die Verzerrung des Wettbewerbs“ zu protestieren. Im Südwesten Frankreichs blockierten Bauern eine Autobahn und zwangen Lastwagen zur Umkehr.

Auf der Brücke Pierre Pfimlin südlich von Straßburg stoppten rund hundert Landwirte in gelben Warnwesten am späten Abend mehrere Lastwagen unter dem wachsamen Blick der Polizei. Da die Laster keine Agrarprodukte transportierten, konnten sie nach einigen Minuten weiterfahren. Laut einem Gewerkschaftsvertreter wurden in der gesamten Region aber etwa ein Dutzend Lastwagen mit landwirtschaftlichen Gütern aus Deutschland zur Umkehr gezwungen.

Die Aktion der regionalen Föderation der Bauerngewerkschaften (FDSEA) und der Gewerkschaft Jeunes Agriculteurs (JA) des Département Bas Rhin sollte mindestens bis Montagnachmittag dauern. Der regionale FDSEA-Vorsitzende Franck Sander sagte, nur Lastwagen mit Agrarprodukten aus Deutschland würden gestoppt. Mehr als tausend Landwirte würden sich an den Barrikaden abwechseln.

Auf der Autobahn A645 an der Grenze zu Spanien stoppten rund hundert Bauern mehrere dutzend Laster und drohten, Fleisch oder Früchte für den französischen Markt auszuladen. Die Bauern blockierten mit rund zehn Traktoren die Autobahn und verursachten einen bis zu vier Kilometer langen Stau, wie der örtliche JA-Generalsekretär Guillaume Darrouy sagte.

Krisenprogramm mit Steuererleichterungen

Die Blockaden sind Teil der seit Tagen andauernden Protestaktionen der Bauern gegen die fallenden Preise für Agrarprodukte. Im Zuge der Proteste blockierten die Bauern bereits Straßen, Städte und den Zugang zu Touristenattraktionen wie den Mont Saint Michel in der Bretagne. Die Regierung kündigte am Mittwoch ein Krisenprogramm mit Steuererleichterungen und Lohngarantien im Umfang von 600 Millionen Euro an, doch dauern die Proteste der Bauern weiter an.

Nach Schätzung der Regierung steht jeder zehnte französische Agrarbetrieb am Rande des Bankrotts. Gemeinsam sind sie mit einer Milliarde Euro verschuldet. Grund für die fallenden Preise von Produkten wie Milch, Rind- und Schweinefleisch sind sich ändernde Ernährungsweisen in Frankreich, der Rückgang der Nachfrage aus China und das russische Embargo für europäische Agrarprodukte.

Sander kritisierte, dass die Regierung keine Lösung für die Verzerrung des Wettbewerbs präsentiert habe. Er beklagte insbesondere die Unterschiede bei den Arbeitskosten. Durch den Einsatz von Arbeitern aus Osteuropa lägen diese in Deutschland teilweise deutlich niedriger als in Frankreich. Sander forderte „konkrete Lösungen“. Die Landwirte wollen nach einem Treffen mit den Behörden in Straßburg am Montagnachmittag entscheiden, ob sie die Protestaktion fortsetzen.

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3 Kommentare

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  • ach hallo werner w. wieder, der im kampfanzug mit der blutigen machete.

    dass sie fuer massiven polizeieinsatz sind, ist verstaendlich.

     

    ich hingegen finde es auesserst bewundernswert, dass in frankreich solche proteste nicht sofort von der staatsmacht niedergerungen werden. die bauern sind ja keine terroristen oder nahkaempfer, sondern sie sorgen fuer die nahrung der bevoelkerung. denken sie mal drueber nach.

    und dass die politik diese symbolhandlung zulaesst und auch mal andere darueber nachdenken laesst, ist, ich wiederhole mich hier gern, absolut bewundernswert.

    und, man denke mal darueber nach, wie aehe solche aktion in deutschland aus: bauern blockieren die autobahn - undenkbar! behinderung der freiheit, sogar des verkehrs! anarchie, geht gar nicht. hier in diesem land geht man ja sogar gegen 15-jaehrige mit massiver gewalt vor. die sassen nur friedlich im park und wollten ein paar baeume retten.

    und dass - nochmal respekt an die franzoesische contenance - es den bauern hier nicht um den erhlat von privilegien geht, auch nicht um profite oder pfruende, sondern um die existenz, dass macht das ganze dann doch erklaerbar. und auch verstaendlich, dass diese menschen sich fuer eine derart drastische aktion entschieden haben. chapeau.

    und sie haben noch nicht mal ein ohr fuer die sorgen dieser menschen. sehr berechtigte sorgen, wie ich finde. und da schlaegt sich ein bogen direkt rueber nach griechenland und zu schaeuble. egal wie dreckig es den menschen geht, es geht ums prinzip. auch bei verlust der menschlichkeit. zahlen sind eben zahlen. finden sie gut, diese erbsenzaehlermentalitaet unseres finanzministers, oder?

    in diesem sinne moechte ich sie doch hoeflichst auffordern, ihren letzten satz zurueckzunehmen. da liegen sie naemlich so derart falsch mit, dass mir die vergleiche ausgehen.

    • @the real günni:

      Nein mache ich nicht.

       

      Es ist bekannt, daß es den französischen Landwirten gar nicht so schlecht geht. Keiner von denen nagt am Hungertuch. Die haben eher Angst um ihren nächsten 7er BMW und das Cabrio ihrer Ehefrau.

       

      Ähnliches gilt für die Griechen. Diejenigen, die einen Anstellung beim Staat gefunden haben (jeder vierte) haben das große Los gezogen und es geht ihnen besser als den meisten EU Bürgern. Und die anderen leben nicht schlechter - eher besser - als es Slowaken, Rumänen, Letten oder Portugiesen geht.

       

      Wer gewalttätig demonstriert hat deswegen noch lange nicht recht.

  • "Grund für die fallenden Preise von Produkten wie Milch, Rind- und Schweinefleisch sind sich ändernde Ernährungsweisen in Frankreich, der Rückgang der Nachfrage aus China und das russische Embargo für europäische Agrarprodukte."

     

    Das also wird von den französischen Bauernverbänden als "Verzerrung des Wettbewerbs" und Grund für die Behinderung des freien Warenverkehrs innerhalb der EU angesehen.

     

    Die Arbeiter aus Osteuropa sind ebenfalls EU-Bürger und bekommen den Mindestlohn. Außer für die Spargel - und Erdbeerernte werden die kaum eingesetzt und so wohl nicht die Produktionskosten für Agrarprodukte großartig drücken können.

     

    Es wäre richtig, derartige Aktionen mit massiver Polizeigewalt zu unterdrücken und gar nicht erst solche Behinderungen des Straßenverkehrs aus völlig egoistischen Gründen zuzulassen.

    Im Kern sind das Feinde der europäischen Einigung.