Bauaufträge für Windkraftwerke: Zuschlag für Bürgerfirmen
Neue Windkraftanlagen werden gebaut. Dass in der ersten Ausschreibungsrunde fast alle Zuschläge an lokale Firmen gingen, ist eine Überraschung.
Mehr als 90 Prozent der zugeschlagenen Projekte „entfielen auf Bürger-Energiegesellschaften“, erklärte das Wirtschaftsministerium. Laut Gesetz sind das Firmen, die aus mindestens zehn Einzelpersonen bestehen, von denen keine mehr als zehn Prozent der Anteile besitzt.
Die Logik: Auf Druck der Umweltlobby wollte die Bundesregierung regionalen Firmen und Genossenschaften einen Anteil sichern, damit nicht nur internationale Kapitalinvestoren profitieren. Aus Sicht der großen Koalition hat das den Vorteil, dass Bürger vor Ort Geld mit Windanlagen verdienen, was die Akzeptanz für die Windparks steigern soll.
„Das ist sehr positiv“, sagte René Mono vom Bündnis Bürgerenergie, das lokale Anbieter vertritt. Allerdings müsse man überprüfen, ob sich unter dem Deckmantel vermeintlicher Bürger-Firmen nicht doch Konzerne einschleichen. Bis zum vergangenen Jahr erhielten neue Ökokraftwerke politisch definierte Festpreise für ihren produzierten Strom.
Investoren wollen höherer Rendite
Damit die Kosten sinken, wird die Förderung nun auf Ausschreibungen umgestellt, bei denen die günstigsten Anbieter den Zuschlag bekommen. Die Anlagen werden überwiegend in Niedersachsen, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und NRW errichtet.
Dass in der ersten Ausschreibungsrunde fast alle Zuschläge an lokale Firmen gingen, ist allerdings eine Überraschung. Eine Erklärung: Investoren kalkulierten mit höherer Rendite und boten deshalb zu hohe Produktionspreise.
Das kann sich in den nächsten zwei Ausschreibungsrunden dieses Jahres ändern. Das günstigste Gebot lag jetzt bei 4,2 Cent pro Kilowattstunde Strom, der Durchschnittspreis der Zuschläge bei 5,7 Cent. Zum Vergleich: Die feste Vergütung nach dem alten System beträgt sieben Cent. Trotzdem liegen auch die 5,7 noch etwa zwei Cent über dem Börsenpreis. Diese Differenz bekommen die Betreiber der neuen Windmühlen über die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ersetzt.
Nach Einschätzung der Beratungsorganisation Agora Energiewende könnten die Produktionskosten für Windstrom in den kommenden Jahren auf „drei bis 4,5 Cent pro Kilowattstunde sinken“. Damit scheint in Sicht, dass Windräder an Land keine Förderung mehr brauchen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen