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Bauaufträge für WindkraftwerkeZuschlag für Bürgerfirmen

Neue Windkraftanlagen werden gebaut. Dass in der ersten Ausschreibungsrunde fast alle Zuschläge an lokale Firmen gingen, ist eine Überraschung.

Wenn Bürger vor Ort an den Windanlagen verdienen, kann das auch die Akzeptanz für die Windparks steigern Foto: dpa

Berlin taz | Die Bundesnetzagentur hat zum ersten Mal Bauaufträge für Windkraftwerke an Land vergeben – und regionale Bürgerfirmen werden offenbar einen Großteil der neuen Anlagen bereitstellen. Das gab die Behörde am Freitag gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium bekannt. In einer ersten Vergaberunde für Windanlagen an Land hat die Netzagentur eine Leistung von 800 Megawatt ausgeschrieben. Das entspricht etwa 400 Windrädern.

Mehr als 90 Prozent der zugeschlagenen Projekte „entfielen auf Bürger-Energiegesellschaften“, erklärte das Wirtschaftsministerium. Laut Gesetz sind das Firmen, die aus mindestens zehn Einzelpersonen bestehen, von denen keine mehr als zehn Prozent der Anteile besitzt.

Die Logik: Auf Druck der Umweltlobby wollte die Bundesregierung regionalen Firmen und Genossenschaften einen Anteil sichern, damit nicht nur internationale Kapitalinvestoren profitieren. Aus Sicht der großen Koalition hat das den Vorteil, dass Bürger vor Ort Geld mit Windanlagen verdienen, was die Akzeptanz für die Windparks steigern soll.

„Das ist sehr positiv“, sagte René Mono vom Bündnis Bürgerenergie, das lokale Anbieter vertritt. Allerdings müsse man überprüfen, ob sich unter dem Deckmantel vermeintlicher Bürger-Firmen nicht doch Konzerne einschleichen. Bis zum vergangenen Jahr erhielten neue Ökokraftwerke politisch definierte Festpreise für ihren produzierten Strom.

Investoren wollen höherer Rendite

Damit die Kosten sinken, wird die Förderung nun auf Ausschreibungen umgestellt, bei denen die günstigsten Anbieter den Zuschlag bekommen. Die Anlagen werden überwiegend in Niedersachsen, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und NRW errichtet.

Windräder benötigen wohl bald keine Förderung mehr

Dass in der ersten Ausschreibungsrunde fast alle Zuschläge an lokale Firmen gingen, ist allerdings eine Überraschung. Eine Erklärung: Investoren kalkulierten mit höherer Rendite und boten deshalb zu hohe Produktionspreise.

Das kann sich in den nächsten zwei Ausschreibungsrunden dieses Jahres ändern. Das günstigste Gebot lag jetzt bei 4,2 Cent pro Kilowattstunde Strom, der Durchschnittspreis der Zuschläge bei 5,7 Cent. Zum Vergleich: Die feste Vergütung nach dem alten System beträgt sieben Cent. Trotzdem liegen auch die 5,7 noch etwa zwei Cent über dem Börsenpreis. Diese Differenz bekommen die Betreiber der neuen Windmühlen über die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ersetzt.

Nach Einschätzung der Beratungsorganisation Agora Energiewende könnten die Produktionskosten für Windstrom in den kommenden Jahren auf „drei bis 4,5 Cent pro Kilowattstunde sinken“. Damit scheint in Sicht, dass Windräder an Land keine Förderung mehr brauchen.

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6 Kommentare

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  • Die Wahrheit ist ja wohl eine andere: "Investoren" sind ja zunächst einmal professionelle Projektentwickler. Die fertigen Projekte werden dann an die eigentlichen Investoren weiterverkauft, die das Ding dann 20 Jahre betreiben sollen und die das eigentliche Risiko tragen. Da haben sich aber vorher die Projektentwickler fürstlich entlohnen lassen.

    Wenn Bürgergesellschaften günstiger anbieten können, dann schlicht deshalb, weil weniger Leute zwischendrin die Hand aufhalten.

  • 7G
    76969 (Profil gelöscht)

    Man muss schon ganz genau hinsehen was das für "Bürgerenergie-Gesellschaften" (nicht zwangsläufig Genossenschaften!) sein sollen. Wahrscheinlich allesamt KGs als Strohmänner, die sich mit Ach und Krach als "Bürgerenergiegesellschaften" nach EEG qualifizieren und nach der zweijährigen Haltefrist wieder verkaufen. Aber Hauptsache man kann eine schöne Pressemitteilung zum Wochenende draus stricken und der Wählerschaft vormachen dass die Bürgerenergie der große Gewinner sei. Absurd.

    Das EEG wird immer komplizierter und macht in der Folge vor allem die Beraterindustrie reicht, die sich genau diese Konstruktionen ausdenkt. Bei der Photovoltaik ist es nicht anders.

  • Vergleiche ich den Strompreis der Erzeuger mit dem Endverbraucherpreis kommen mir die Tränen.

  • Die Gebote der Bürger-Energiegesellschaften wurden vermutlich von Projektentwicklern erstellt, die mit Planung und Bau der WKAs auf jeden Fall ihren Profit machen, auch wenn die gebotene Vergütung im späteren Betrieb nur Verluste bringen kann. Die reichen und dummen Kapitalanleger der Bürgerenergie tun mir dann nicht leid, aber der Landschafts- und Naturschutz und die Stromkunden, die ja immer noch den größten Teil der Profite der Projektentwickler über die EEG-Umlage bezahlen müssen und dafür eine immer instabilere Stromversorgung bekommen.

  • Man sieht, es funktioniert! Privatinitiativen können also doch den Strommarkt umkrempeln, und das auch noch mit ökoöogischen Konzepten. Gewinner ist - das gute alte Genossenschaftsmodell, das Kohl einst beim Wohnungsmarkt abgeschafft hatte.

    Tatsächlich könnte der Umstieg auf erneuerbare Energien schneller gelingen als es uns die Energiemärkte, voran der Spotmarkt für Rohöl aufzwingen: Bei 63 Mio Kraftfahrzeugen in Deutschland, die im Jahr durchschnittlich 13.500 km bewegt werden, beträgt der zusätzliche Strombedarf, wenn alle auf Elektrofahrzeuge umstellen würden, gerade einmal 170 TWh, wenn man großzügig 200 Wh Stromverbrauch pro Kilometer rechnet.

    Das wären also nur 26% mehr als wir momentan an Strom produzieren und grob das Doppelte dessen, was wir momentan an Stromüberschuss exportieren. Und Elektroautos sind für die meisten Verbraucher bereits beim jetzigen Ölpreis dazu noch billiger als Benziner, wenn man dem heute eingestellten Rechner des Öko-Instituts trauen will. Wir sind also mitten drin im gelungenen Einstieg in das Post-Fuel-Zeitalter und haben uns nicht einmal ökonomisch ruiniert! Glückwunsch! Jetzt fehlen nur noch die anderen Zweidrittel des Weges...

    • 7G
      76969 (Profil gelöscht)
      @hedele:

      ich bin da weniger optimistisch. Merke: Bürgerenergie ist nicht gleich Genossenschaft.