Bau der South-Stream-Pipeline: Gas an der Ukraine vorbei
Der Bau der South-Stream-Pipeline durchs Schwarze Meer wird konkret: Gazprom und der österreichische Konzern OMV unterzeichnen eine Absichtserklärung.
BERLIN taz | Während man sich im Westen Gedanken macht, wie man Russland in der Ukraine-Krise zur Kooperation zwingen kann, kann der russische Gasmonopolist Gazprom weiterarbeiten, als gehe ihn das gar nichts an. In der vergangenen Woche unterzeichnete er gemeinsam mit dem österreichischen Energiekonzern OMV eine Absichtserklärung über den Bau des österreichischen Abschnitts der South-Stream-Pipeline. Diese soll durch das Schwarze Meer führen und russisches Gas in die EU liefern. Österreich rechnet für 2017 mit den ersten Lieferungen, die Kapazität soll jährlich 32 Milliarden Kubikmeter betragen.
Das Europäische Parlament hatte am 17. April eine Resolution verabschiedet, um den Bau vorläufig zu stoppen, war damit jedoch auf den Widerstand der EU-Kommission gestoßen. Nun soll es in den nächsten zwei Monaten losgehen. Die ersten Rohre, die von dem deutschen Unternehmen Europipe hergestellt werden, sind unterwegs.
Im Schwarzen Meer sollen sie in einer Tiefe von mehr als 2.000 Metern verlaufen. Von Ufer aus wird das Gas durch Bulgarien, Serbien und Ungarn bis zum Gasknotenpunkt Baumgarten in Niederösterreich transportiert. Das lange vor sich hindümpelnde, auf 56 Milliarden Euro Kosten geschätzte Projekt war nach dem russisch-ukrainischen Gas-Streit 2009 forciert worden, um die Ukraine als Transitland zu umgehen und russische Gaslieferungen nach Europa zu sichern. Es trägt allerdings nicht dazu bei, energieunabhängig von Russland zu werden.
Brüssel versucht seit 2009, die Konkurrenz zu fördern und den Einfluss von Gazprom zu begrenzen. Das sogenannte dritte Energiepaket sieht vor, Produktion und Transport von Energie zu trennen. Das bedeutet, dass die Pipeline für Mitbewerber offen sein muss. Gazprom gefällt das nicht – der Konzern hat am Donnerstag über die Welthandelsorganisation Gespräche mit der EU beantragt. Das wäre eine Basis für eine mögliche spätere Klage.
Eine Schlüsselrolle spielt Bulgarien, wo die Gasleitung an Land geht und sich in eine Leitung nach Österreich und einen Strang nach Italien splittet. Sofia hat zuletzt auf zwei große Energieprojekte mit russischer Beteiligung verzichtet und ist fest entschlossen, die Pipeline zu realisieren. Denn die bedeutet sowohl ausländische Direktinvestitionen in Höhe von 3 Milliarden Euro, Tausende Arbeitsplätze, Transitgebühren und niedrigere Gaspreise als auch mehr Gewicht auf dem internationalen Energiemarkt.
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