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BatterierecyclingAus Alt macht Neu oder schmeißt es am besten gleich weg

Mit einem Speicher-Tausch wirbt ein Unternehmen aus dem Oberallgäu. Was sich erstmal ganz super anhört, ist im Grunde reine Augenwischerei.

Batteriespeicher für Photovoltaikanlagen (PV) speichern Solarstrom Foto: Elke Münzel/imago

V ersonnen blickt eine Frau in die Kamera. Im Hintergrund ein älterer Mann – ernste Miene, etwas unscharf. Augenscheinlich ihr Mann. Sie sagt: „Ich will ’nen Neuen.“ Ein Ehedrama? Nein, es ist nicht, wie es scheint. Es ist ein Ökodrama.

Doch von vorne. Der Werbeauftritt stammt von der Firma Sonnen aus dem Oberallgäu, die gerade „Deutschlands große Speicher-Tausch-Wochen“ ausgerufen hat. Wer seinen heimischen Batteriespeicher verschrotten lässt, bekommt dafür jetzt eine Geldprämie – selbstredend nur zur Verrechnung beim Kauf eines neuen Speichers des besagten Unternehmens.

Offenkundig hat auch die Ökowirtschaft das Wegwerfprinzip entdeckt. Das Angebot gilt sogar für Speicher aus dem Jahr 2020, was den Schluss nahelegt, dass fünf Jahre für einen heimischen Stromspeicher schon ein biblisches Alter sind.

Aber offenbar – oh weh – gibt es in Deutschland 270.000 Hausbesitzer, die sich nicht daran stören, einen solch hochbetagten Speicher noch zu betreiben. Das müsse sich ändern, finden die geschäftstüchtigen Bayern und möchten nun möglichst viele der Anlagen „repowern“ – ein Euphemismus für das Vernichten funktionsfähiger Technik. Es entstehe mit dem „Repowering“ gerade „ein neuer Markt“, weiß das Unternehmen. Irgendwo auf der Internetseite stehen auch die Worte: „Für den Planeten.“

Nur ein paar Inhaltsstoffe

Anfrage daher bei der Firma, ob die ausgebauten Speicher wenigstens noch anderweitig genutzt würden? Auf Neudeutsch Second Use genannt; von alten Pkw-Akkus kennt man das. Nein, zu kleinteilig sei das Geschäft, heißt es, die Batteriepacks würden „recycelt“. Man tut also, was man halt so macht, wenn man „Batterierecycling“ sagt; man gewinnt ein paar Inhaltsstoffe zurück.

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Welch besondere Dialektik: Funktionstüchtige Speicher werden „für eine günstigere und effizientere Energiewende“ verschrottet. So verspricht es die Firma. Der Beobachter fragt sich derweil: Was kommt als Nächstes? Alte Bücher schreddern für die Volksbildung? Die letztjährige Weizenernte kompostieren zugunsten der Welternährung? Schließlich ist die neue Ernte ja schon da und bestimmt viel nahrhafter.

Fragen über Fragen. Hoffentlich greift irgendwann eine Firma den Slogan auf zeitgemäße Weise auf: „Ich will ’nen Neuen – einen neuen Umgang mit den Ressourcen.“

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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5 Kommentare

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  • „Für den Planeten.“



    Tja, es ist eben nicht immer dort, wo Klimaschutz draufsteht, auch Klimaschutz drin. Aber manchmal dank der Gedankenlosigkeit der Kunden ein gutes Geschäft :-)

  • naja, ganz so einfch ist es nicht. Lithium-Batterien altern, d.h. ihr Wirkungsgrad verringert sich mit der Zeit. das heisst, Verluste steigen und man bekommt weniger Strom heraus als man hineinlädt. Bei neuen Batterien ist das etwa 90%, bei 5 Jahre alten Batterien kann es dann schon auf 75% sinken. Wenn man unvorsichtig ist (bis auf 100% aufladen, dann unter 20% entladen) dann geht die Alterung wesentlich schnelller. Fünf Jahre alte Batterien können dann schon fast unwirtschaftlich sein.



    Aber, wenn der Strom umsonst ist (PV-Anlagen) und man nutzt den Strom selber dann können auch alte Batterien sinnvoll sein. Im Großmaßstab könnte man dann auch Speicher für das Netz mit second-hand Batterien (die man kostengünstig erwirbt wobei man dann auch beim Verkauf neuer Batterien gut verdient...) bauen. Damit kann man überschüssigen Solarstrom aufnehmen wobei man für die Aufnahme bezahlt wird (negative Preise), unabhängig vom Wirkungsgrad. Was gespeichert wird kann man dann teuer zurückverkaufen. Auch keine schlechte Idee. ich würde mir das tatsächliche Geschäftsmodell dieser Firma jedenfalls mal genauer anschauen.

    • @Gerald Müller:

      Selten so einen Blödsinn gelesen. Hausbatterien auf Basis von Li-Ionen haben Puffer, also reduzierte Nettokapazität, damit sie länger halten. Auch laden sie niemals komplett voll und werden auch nicht vollständig entleert. Das kontrolliert alles das BMC. Kein Hersteller hat Hausbatterien für eine Laufzeit von gerade mal 5 Jahren ausgelegt.

      Mir waren die damals zu teuer. Ich kenne aber mehrere, die sich daran nicht gestört haben und deren Li-Ionrn Akkus länger als 10 Jahre gehalten haben. Davon abgesehen spielt es gar keine Rolle, ob die degradieren, wenn die sich zu dem Zeitpunkt bereits amortisiert haben.

      Tatsächlich sehe ich aber immer wieder relativ neue WR+Akku in Kleinanzeigen mit der Angabe, dass man auf einen anderen Hersteller gewechselt hätte. Finanziell absolut nicht nachvollziehbar diese Entscheidung. Man kann auch genauso gut Repowering so gestalten, dass ein Teil der neuen PV-Module weiterhin den alten WR bedient. Ich habe zb die alte Anlage auf die Nordseite umgebaut und die Südseite komplett belegt. Der alte WR ist geblieben, weil Module und WR eben schon lange bezahlt sind. Das schmeißt man ja nicht einfach weg. Wenn dann verschenkt man es.

  • Unsere linken Parteien machen das ja so ähnlich. Jetzt warten sie ob was Neues kommt. Manche sehen ja schon in New York was wachsen.

  • Also wenn die Batteriepacks recycelt werden und damit das Litium und die anderen wertvollen Rohstoffe,, dann ist das doch schon das Wesentliche. Klar wäre es besser, wenn auch das Gehäuse und die Elektronik recycelt würde und wenn nicht schon 5 Jahre alte Speicher, die noch gut sind, recycelt würden, aber es ist zumindest ein Anfang.