Bassist über Orchestra Baobab: „Es ist eine Band, die Generationen verbindet“
Das Orchestra Baobab aus dem Senegal gibt es seit mehr als fünfzig Jahren. Dabei zu sein, ist ein Privileg, sagt der neue Bassist Malick Sy.
taz: Malick Sy, das Orchestra Baobab hat fast 55 Jahre auf dem Buckel – wie hält man so etwas am Leben?
Malick Sy: Oha, ja, da haben Sie recht. Das Orchestra Baobab ist im Senegal so etwas wie eine Schule mit Vorbildcharakter. 1970 gegründet, hat es den Sound für die 1980er und 1990er Jahre geliefert. Ich bin mit den prägnanten Melodien quasi aufgewachsen, erst auf dem Rücken meiner Mutter, dann in den Straßen Dakars.
taz: Und warum gibt es das Orchestra bis heute?
Sy: Weil es eine Band ist, die Generationen verbindet. Wenn wir am Wochenende in einem der Clubs in Dakar auftreten, was regelmäßig der Fall ist, dann haben wir die ganze Familie an der Bühne stehen. Das liegt auch daran, dass wir Jüngeren den Sound der Band mit neuer Energie aufgeladen haben. Wir sind eine Band, die alle Generationen erreicht – das ist außergewöhnlich.
Malick Sy gehört zur jüngeren Generation des Orchestra Baobab, er ist seit 2021 dabei und als Bassist bei Vorgänger Charlie Ndiaye in die Lehre gegangen.
taz: Und wie sind Sie zur Band gestoßen? Warum spielt ein 30-Jähriger mit einer Seniorenband?
Sy: Hey, das Orchestra Baobab ist im Senegal eine Institution! Es hat als Hausband in Dakars Baobab Club angefangen, und auch heute spielen wir jedes Wochenende in einem Club in Dakar. Das hat Tradition, ist attraktiv und ich hatte das Glück bei Charlie Ndiaye in die Schule zu gehen. Das ist ein Privileg.
taz: Sie haben mit ihm zusammengespielt und sind peu á peu in seine Fußstapfen getreten?
Sy: Ja, so kann man das sagen. Ich habe von ihm gelernt, habe begriffen, dass sein melodischer, swingender Bass zur Marke Orchestra Baobab gehört. Mehr als ein Jahr haben wir zusammengespielt, uns auf der Bühne abgelöst, weil es ihm nicht so gut ging, er auch nicht mehr gut sehen konnte. So haben wir uns das Programm geteilt: Er hat einen Teil der Stücke gespielt, ich den anderen. Ein paar Wochen vor seinem Tod, im August 2022, hat er mich dann gebeten, zu übernehmen. Es war ein fließender Übergang.
Das Orchestra Baobab fusioniert kubanische Son und Bolero-Elemente mit afrikanischen Griot-Vibes. Es spielt am 20.11. im Knust, Neuer Kamp 30, Hamburg. Einlass: 20 Uhr, Beginn: 21 Uhr.
taz: Sie gehören zur jüngeren Generation im Senegal. Gibt es ausreichend Perspektiven für die Jugend oder ist Auswanderung latent ein Thema?
Sy: Migration ist in Senegal ein zentrales Thema. Es gibt viele junge Menschen, die nach Europa gehen, um ihre Chance zu suchen. Gleichzeitig machen wir aber eine Übergangsphase durch, denn es gibt viel Hoffnung, dass wir von neuen Fundstätten von Erdöl, Erdgas und anderer natürlicher Ressourcen profitieren und unsere Entwicklung selbst steuern können. Es gibt die Chance, unsere Zukunft besser zu gestalten und Arbeitsplätze für die jüngere Generation zu schaffen. Und heute kommen junge Menschen auch in den Senegal, aus der Elfenbeinküste oder aus Mali.
taz: Haben Sie Vertrauen in die seit 2024 amtierende neue politische Führung unter Präsident Diomaye Faye, hat sie das Wohl des Landes im Sinn?
Sy: Wir hoffen, dass wir besser aufgestellt sind, aber wir sind nur eine Band und sprechen nicht so gern über Politik.
taz: Okay. Wie klappt denn Ihre Zusammenarbeit als Musiker verschiedener Generationen in einer Ausnahmeband?
Sy: Gut! Unser Schlüssel ist der Respekt zwischen den Generationen. Wir spielen zum Teil mit Vätern, noch öfter mit Onkeln. Wir respektieren sie, sie lassen uns aber eigene Nuancen setzen. Der Sound verändert sich und der sporadische Einsatz eines Kora-Spielers ist dafür ein Beispiel. Das Orchestra geht neue Wege.
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