piwik no script img

Basketballprofi Schröder prangert NBA anEin 13-Millionen-Dollar-Sklave

Dennis Schröder klagt über Unfreiheit im Transfersystem und wird prompt zum Tauschobjekt. Steht einem Millionär das zu? Ja, Machtfragen sind wichtig.

Zur Tauschware degradierter Dennis Schröder noch im Trikot seines alten Klubs, den Golden State Warriors Foto: Jeff Chiu/dpa

E s hat nicht wenige amüsiert. Deutschlands bester Basketballspieler Dennis Schröder prangerte Anfang der Woche, noch in Diensten der Golden State Warriors in San Francisco, das Transfersystem der NBA als moderne Sklaverei an, da wurde er zwei Tage später schon ungefragt an die Utah Jazz nach Salt Lake City verhökert. Diese hatten ihn wiederum nur als Verhandlungsmasse erstanden, um ihn für andere Deals am Donnerstag an die Detroit Pistons abzugeben. Letztlich war der 31-Jährige nur Opfer einer Kettenreaktion eines viel größeren Deals um NBA-Star Jimmy Butler. Für Schröder sind die Pistons bereits die zehnte NBA-Station. Bei den Warriors war er keine zwei Monate.

An einen Aprilscherz musste Luka Dončić, einer der Besten in der weltbesten Liga, im ersten Moment denken, wie er berichtete, als ihm die Dallas Mavericks im Rahmen eines umfangreichen Tauschgeschäfts zu den Los Angeles Lakers schickten.

Dieser spektakuläre Deal war Anlass für Schröders Rede von der moderenen Sklaverei gewesen, weil den Deutschen erschütterte, dass selbst die Größten der Szene vor dem Menschenhandel in der Liga nicht geschützt sind.

Zuweilen treibt dieses Geschäft ganz besondere Blüten. Im Jahr 2019 wurde Harrison Barnes während einer Ligapartie der Mavericks vom Feld genommen, um ihm mitzuteilen, er könne nicht mehr weiterspielen, weil der Klub soeben mit seinem neuen Arbeitgeber (Sacramento Kings) einen Vertrag abgeschlossen habe. Das war selbst für Hartgesottene ein starkes Stück. Sein Mitspieler Dirk Nowitzki zollte ihm damals Respekt, dass er dennoch auf der Bank sitzen blieb und seinen nun alten Teamkameraden die Daumen drückte: „Er ist ein besserer Profi als ich – jeder andere wäre abgehauen.“

Ein komfortabler Deal

Jenseits solcher Extremfälle hält aber auch das Gros der Sportfans das Stillhalten der Betroffenen für eine Selbstverständlichkeit, schließlich verdienen die NBA-Profis Abermillionen. So verweisen in den sozialen Netzwerken gerade viele Dennis Schröder auf sein Jahresgehalt von 13 Millionen US-Dollar, als habe er mit der Summe jedes Recht verwirkt, Unfreiheiten zu thematisieren und damit Machtfragen zu stellen. Für diejenigen, die sich mit der Organisation des profitablen Sportsystem bereichern, ist genau das der komfortable Deal.

Schröders Einlassungen sollten nicht als Forderung missverstanden werden, NBA-Profis müssten künftig in UN-Berichten aufgeführt werden, die sich der modernen Sklaverei widmen. Was Schröder moniert, ist ein System der Unfreiheit. Und schon dies hat er auffällig kleinlaut, fast schon devot, getan. Er sprach zwar von „moderner Sklaverei“, um aus dem harten Befund aber die softe Schlussfolgerung abzuleiten: „Daran müssen sie ein bisschen was ändern.“

Der us-amerikanische Sportjournalist William C. Roden hatte einst bei einer NBA-Partie mitbekommen, wie ein Zuschauer einen schwarzen Spieler anbrüllte: „Hey Johnson, du bist nichts anderes als ein 40-Millionen-Dollar-Sklave.“ Er schrieb später im Jahr 2007 ein Buch mit dem Titel „Forty Million Dollar Slaves“. Es ging um die NBA, in der vornehmlich schwarze Spieler zu den Leistungsträger zählen, aber die Eigentümer (sic!) der Klubs ausschließlich Weiße sind. Niemand kann sich davon freikaufen, Machtfragen gestellt zu bekommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Mein Mitleid hält sich in Grenzen.



    Schröder hätte ja in der deutschen Basketballliga bleiben können.



    Da hätte ihn niemand gegen seinen Willen zu einem anderen Verein abschieben können.



    Allerdings hätte er für die 13 Millionen zehn bis zwanzig Jahre spielen müssen.