Basketball in Thüringen: Klubs in Sorge vor AfD
Zwei Thüringer Profi-Basketballtrainer warnen öffentlich davor, rechtsextrem zu wählen. Hass und Hetze seien gestiegen, Spieler seien besorgt.
![Die deutschen Basketball-Nationalspieler Johannes Voigtmann und Isaac Bonga Die deutschen Basketball-Nationalspieler Johannes Voigtmann und Isaac Bonga](https://taz.de/picture/7201998/14/0676-1.jpeg)
Würden sich die Spieler einer Basketballmannschaft so verhalten, wie es zurzeit die Rechtspopulisten und ihre Anhänger innerhalb der Gesellschaft tun, könnten man den Erfolg der Mannschaft wohl vergessen. Hohem Druck, Konkurrenz und Konflikten – sowohl im Sport als auch in der Gesellschaft – mit Frust, Hass und Spaltung zu begegnen führe zu nichts. Davon sind die Trainer der zwei Thüringer Profi-Basketballteams der Männer, Florian Gut vom Drittligisten CATL Basketball-Löwen aus Erfurt und Björn Harmsen vom Zweitligisten Science City Jena, überzeugt.
Kurz vor der Landtagswahl kommenden Sonntag haben sie gemeinsam ein Statement veröffentlicht. Einen Appell, die rechtsextremen Kräfte nicht zu wählen, sondern für gegenseitigen Respekt, Toleranz und ein faires Miteinander einzustehen. Umfragen zufolge könnte die AfD in Thüringen am 1. September 30 Prozent der Stimmen holen. Der Verfassungsschutz stuft die Partei in dem Bundesland sowie deren Thüringer Spitzenkandidaten Björn Höcke als gesichert rechtsextrem ein.
Das Statement der beiden Trainer betont, was eigentlich offensichtlich sein sollte: dass die Herkunft eines Menschen keine Auskunft über den Charakter oder die Teamfähigkeit der jeweiligen Person gebe. Sowohl im Sport als auch im Allgemeinen. „Mit Sorge verfolgen wir, wie seit einigen Jahren wichtige gesellschaftliche Diskussionen zunehmend von rechtsextremen Stimmungsmachern beeinflusst werden“, heißt es. Diese schürten vor allem Hass auf geflüchtete Menschen, arbeiteten mit fremdenfeindlichen Ressentiments und missbrauchten die nachvollziehbaren Sorgen vieler Menschen vor den großen Herausforderungen unserer Zeit aus egoistischen Motiven.
„Die Sorgen bei den Spielern werden immer konkreter, in der Mannschaft unterhalten sie sich viel öfter und intensiver über Rassismuserfahrungen“, erzählt Gut der taz. In den letzten Monaten seien persönliche Erfahrungen mit Hass und Hetze verstärkt Thema beim Training oder in den Umkleiden gewesen, selbst unter den Kindern und Jugendlichen. „Das bedrückende Gefühl wächst durch die Präsenz der AfD“, sagt Gut. „Plötzlich können Dinge anders öffentlich ausgesprochen werden. Viele junge Leute im Verein haben Angst vor der Zukunft und dass demokratische und freiheitliche Werte verloren gehen.“
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Normalisierung von Hass und Hetze in der Gesellschaft
Die Schärfe in der gesellschaftlichen Diskussion und deren Rückendeckung in der Breite normalisierten Hass und Hetze immer weiter. „Klar, es handelt sich erstmal um subjektive Erfahrungen, ein Gefühl, aber diese wurden über die letzten Jahre in ihrer Verdichtung extremer“, erklärt Gut. Bei diskriminierenden Erfahrungen in Thüringen handle es sich nicht mehr um „einen einzelnen Idioten auf der Straße“.
Sogar die Akquise neuer Spieler sei für die Klubs schwieriger geworden, erzählen Harmsen und Gut der Thüringer Allgemeinen. Immer mehr Spielern äußerten sich besorgt bei den Transferverhandlungen. „Das ist jetzt nicht übertrieben“, sagt Gut der taz. „In den letzten Jahren wurde in jedem Gespräch mit jungen deutschen Spielern mit Migrationshintergrund die ernsthafte Sorge vor Rechtsextremismus und Diskriminierung geäußert. Wenn nicht von den Spielern, dann von deren Eltern.“
Der Anlass des öffentlichen Statements, betont er, sei jedoch nicht ihre Herausforderung gewesen, neue Spieler für die Thüringer Profimannschaften zu akquirieren. Denn besonders betroffen seien gar nicht die privilegierten Profis in ihrem weltoffenen Arbeitsumfeld, sondern vielmehr viele Jugendliche mit Migrationshintergrund. Vor allem bei denen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus oder ohne deutsche Staatsbürgerschaft verstärkten sich Angst und Unsicherheiten.
Gerade in Thüringen, so Gut, könne der Basketballverein auch ein Zufluchtsort sein, vor allem für Kinder und Jugendliche aus weniger privilegierten Familien. Ein Ort, an dem man dazu gehört und authentische Vorbilder finden kann. Ein großes Vorbild für den Thüringer Basketball-Nachwuchs ist übrigens Nationalspieler Johannes Voigtmann. Aus Eisenach.
Der Basketball als internationale Sportart zeige, „wie Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und über alle gesellschaftlichen Milieus hinweg erfolgreich zusammenspielen können und wie wertvoll der internationale Austausch ist“, heißt es im Statement von Björn Harmsen und Gut. Und: „Demokratie ist ein Mannschaftssport.“ Ob die AfD das auch so sieht, ist mehr als fraglich.
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