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Barroso und Letta besuchen LampedusaBuhrufe für die Polit-Gäste

EU-Kommissionspräsident Barroso verspricht Italien mehr Hilfe für Flüchtlinge. Aufgebrachte Bewohner protestieren bei seiner Ankunft auf Lampedusa.

Proteste auf Lampedusa: Die Politiker wurden von aufgebrachte Einwohner mit Buh-Rufen empfangen. Bild: dpa

LAMPEDUSA dpa/ap/afp | Nach der Flüchtlingstragödie von Lampedusa sind EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Italiens Ministerpräsident Enrico Letta am Mittwoch zu einem Besuch auf der Mittelmeerinsel eingetroffen. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström und der italienische Innenminister Angelino Alfano begleiteten sie.

Aufgebrachte Bewohner brüllten „Schande“, als die beiden Politiker am Flughafen ankamen. Dutzende Demonstranten forderten Barroso und Italiens Regierungschef Enrico Letta auf, auch das überfüllte Aufnahmezentrum von Lampedusa zu besuchen, um sich ein Bild von der prekären Lage der Migranten dort zu machen.

Vor der Küste war am vergangenen Donnerstag ein Schiff mit hunderten Flüchtlingen gekentert, von denen bisher rund 290 tot geborgen wurden. Nur 155 Bootsinsassen konnten gerettet werden, die Zahl der Todesopfer wird auf zwischen 300 und 390 geschätzt. Seit dem Unglück wird in der EU heftig über die europäische Flüchtlingspolitik diskutiert.

Barroso und Letta haben einen Aufruf an Europa lanciert. „Der Notstand von Lampedusa ist ein europäischer, Europa kann sich nicht abwenden“, sagte Barroso am Mittwoch auf der italienischen Flüchtlingsinsel. Es müsse denen Hoffnung gegeben werden, die vor Kriegen fliehen müssten, notwendig sei jedoch auch die Kooperation der Länder, aus denen sich die Migranten Richtung Europa aufmachten. Er werde nie das Bild von Hunderten Särge nach der Katastrophe der vergangenen Woche vergessen.

Auch Letta nannte die Katastrophe von Lampedusa ein „europäisches Drama“. Rom werde das Flüchtlingsproblem zu einem zentralen Anliegen machen und die EU um Hilfe bitten. Die Flüchtlingsfrage solle auf dem EU-Gipfel am 24. und 25. Oktober behandelt werden. Italien entschuldige sich dafür, nur unzulänglich auf eine solche Tragödie vorbereitet gewesen zu sein.

Staatsbegräbnis für die Opfer

Für die Opfer der Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa soll es ein Staatsbegräbnis geben. Das gab der italienische Ministerpräsident Enrico Letta am Mittwoch bei seinem Besuch auf der Mittelmeerinsel bekannt. Die Opfer hätten ein Recht auf ein solches Begräbnis, sagte er.

Italien soll von der Europäischen Union nun doch etwas mehr Hilfe für Flüchtlinge bekommen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte dem Land bei einem Besuch auf der Mittelmeerinsel Lampedusa am Mittwoch 30 Millionen Euro zu.

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11 Kommentare

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  • U
    Ursula

    Ruhender:

    An dem Drama tagen die Schlepper und die afrikanischen Staaten die Hauptschuld. Die Insassen hatten auch das Boot etwa einen Kilometer vor der Küste selbst angezündet (der Guardian berichtet davon, die taz leider nicht!), was das Unglück verursachte.

    Die EU hat daran keine Schuld.

    • H
      Hans
      @Ursula:

      Schuld sind immer die "Anderen".

  • G
    Gast

    Es ist ein afrikanisches Drama, kein europaeisches. Die Leute kommen aus Afrika, sie haben sich zu Hunderten in ein zu kleines Boot gequetscht und sind damit im Meer gekentert. Warum soll das Barrosos Schuld sein?

    • H
      Hans
      @Gast:

      Globalisierte Welt? "Afrikanisches Drama"?

       

      Warum geht es den Menschen in Afrika so schlecht? Klar, die sind wohl alle selber schuld. Hat wahrscheinlich nichts damit zu tun, dass die reicheren Staaten sie ausbeuten und ihre Märkte zerstören. Hat sicher auch nichts mit der Kolonialzeit zu tun. Sicher auch nichts mit den Absatzmärkten für unsere Rüstungsexporte. Alles halt nur ein "arfikanisches Problem".

    • R
      Ruhender
      @Gast:

      Es ist ein menschliches Drama und die Schuld eines jeden, der nicht zu helfen bereit ist.

  • G
    Gast-Ritis

    Vorweg: tiefes Mitgefühl mit dem Leid der Wirtschaftsflüchtliche von Lampedusa

    Jeder Mensch, der unter solch furchtbarem Leid sterben muss, ist ein Mensch zuviel.

     

    Dennoch, lasst uns einen Moment den Verstand einschalten.

    Es handelt sich NICHT um politisch Verfolgte, sondern um Wirtschaftsflüchtlinge, die mit der illegalen Einwanderung gegen RECHT verstoßen....

    ....vergleichbar mit armen Einbrechern, die in eine Villa einbrechen.

    Wenn nun diese Einrecher dabei tödlich verunglücken....?

    Erhalten diese dann auch ein Staatsbegräbnis, wie die Schwarzen durch den italienischen Staat? Erhalten Wohnraum und und und?

     

    Haben wir bei Rechtsverstößen zweierlei Maß? Nur weil es sich um Afrikaner handelt?

     

    Und wann kommt Barroso, der Präsident der Europäischen Kommission, auch mal bei einer tragischen Überschwemmungskatastrophen nach Deutschland? Da verlieren UNSCHULDIGE Menschen durch Naturgewalten ihr Heim, ihre in Jahren aufgebaute Existenz...auch da würde ich ein Wort des Mitgefühls erwarten.

    • G
      gast
      @Gast-Ritis:

      Wenn man Schwarze nicht mag, dann ist die letzte Ehre, wie immer die gestaltet wird unangebracht ?????

       

      Hier geht es nicht um Schwarze hier geht es darum, das ein Flüchtlingsabwehrsystem fast 300 Menschen an einem einzigen Tag das Leben gekostet hat.

       

      Das waren ja nicht die Einzigen, es starben ja immer wieder Leute, aber bei unter hundert Toten gibt es halt keinen Aufschrei.

       

      Woher wollen Sie überhaupt wissen ob das nur Wirtschaftsflüchtlinge sind, das ist nur die Vorverurteilung durch Politiker, welche natürlich gerne übernommen wird.

       

      Was die Afrikaner betrifft, sie kommen nicht hierher um vom Sozialstaat zu leben, die wollen arbeiten und in der Heimat die Leute unterstützen. Dort hilft jeder in der Familie, nicht wie bei uns, wo jeder nur an sich selbst denkt, die Alten in Heime abgeschoben werden

  • R
    Ruhender

    Für 30 Millionen Euro will sich die EU also freikaufen.

    Erbärmlicher geht´s nicht mehr.

    • G
      gast
      @Ruhender:

      Nein, nicht freikaufen, sondern das Flüchtlingsabwehrsystem optimieren, so gut, das die Flüchtlinge schon weiter draussen vertrieben werden, dann bekommt keiner mit, wenn sie untergehen und ertrinken.

      • @gast:

        Das wäre doch zu riskant, es könnte Überlebende geben, die was ausplaudern.

         

        Nach Ihrer Paranoia-Theorie wär es effektiver, man ließe die Boote von U-Booten

        torpedieren. Das bekäme niemand mit.

        • H
          Hans
          @Rosa:

          Glauben Sie, die Boote würden an der Afrikanischen Küste nicht auslaufen, wenn Frontex mobil macht. Was kann Frontex tun, als die Boote früher zu detektieren und sobald sie in Europäische Gewässer kommen, zurück zu schiecken? Und eiige von den Nussschalen kommen auch sicher nicht zurück nach Afrika. Und wenn Sie die Flüchtlinge einsammeln, was sollen sie dann machen? Zurückbringen wohin? Wo kamen die her, nimmt das Ausgangsland sie überhaupt wieder auf?