Barbara Oertel über den Ukraine-Konflikt: Lawrows Lippenbekenntnis
Sensationelle Erkenntnisse hat das Treffen von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in Jekaterinburg nicht gebracht. Dafür aber einen kleinen Hoffnungsschimmer: Immerhin reden die beiden miteinander – nicht selbstverständlich in Zeiten, in denen es noch vor wenigen Tagen nicht auszuschließen war, dass die Halbinsel Krim Schauplatz einer militärischen Eskalation hätte werden können.
Genau die gilt es in der Ostukraine zu verhindern. Trotz des Minsk-II-Abkommens über einen Waffenstillstand fordern Kampfhandlungen zwischen ukrainischer Armee und prorussischen Kämpfern fast täglich weitere Opfer. Der Juli war der verlustreichste Monat in diesem Jahr, mit mehr als 200 Toten und Verletzten allein aufseiten der Kiewer Truppen. Auch die OSZE-Beobachter können nicht nur ihren Job nicht machen, sondern werden häufig Opfer von Gewalt.
Wenn nun Steinmeier an Minsk II festhält, so kann man das als Zweckoptimismus und Wunschdenken geißeln. Nur: Eine bessere Alternative gibt es derzeit nicht. Dass sich auch Lawrow auf das Abkommen besinnt und ankündigt, bei den Machthabern in den selbst ernannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk auf dessen Einhaltung hinzuwirken, ist bemerkenswert. Immerhin hatte Russlands Präsident Putin noch vergangene Woche Verhandlungen über den Ukraine-Konflikt, die am Rande des G-20-Gipfels in China Anfang September stattfinden sollten, jede Sinnhaftigkeit abgesprochen.
Dass Lawrow jetzt verbal einen Gang zurückschaltet, dürfte auch dem Kalkül geschuldet sein, in naher Zukunft eine Aufhebung der Russland-Sanktionen zu erreichen. Vor allem in der SPD werden die Stimmen derer lauter, die diese Entscheidung längst für überfällig halten. Um jedoch diesen Schritt ernsthaft in Erwägung zu ziehen, braucht es mehr als Lippenbekenntnisse aus Moskau. Alles andere wäre fatal.
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