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Banken knausern bei KreditenKlamm in der Klemme

Immer mehr Firmen bekommen kein neues Geld, weil die Banken knausern. Die Kreditvergabe der Banken wächst so langsam wie nie zuvor. Jetzt will die Politik ran. Aber wie?

Es wird immer schwieriger, auf legalem Weg Geld zu bekommen. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Angst davor, dass die Banken die Unternehmen in der Rezession alleinlassen, ist in der Politik angekommen. Nachdem nach den Wirtschaftsverbänden und den Gewerkschaften in der vergangenen Woche auch der Bundesverband Deutscher Banken vor "anhaltenden Problemen bei der Kreditversorgung" gewarnt hatte, nutzten etliche Minister die Sonntagszeitungen, um Problembewusstsein zu bekunden. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) und CSU-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg forderten unisono die Banken auf, ihrer Verantwortung nachzukommen und die Wirtschaft mit Krediten zu unterstützen.

Steinbrück warnte sogar, andernfalls werde er sich "mit der Bundesbank zusammensetzen" und "über Maßnahmen nachdenken, die es noch nicht gegeben hat". Selbst Bundespräsident Horst Köhler wollte sich da nicht ausschließen, blieb im ZDF aber noch zahmer als die Minister: "Ich bitte die Banken, sich zu prüfen, ob sie nicht etwas entschlossener sein könnten", sagte er.

Die Statistik der Europäischen Zentralbank zeigt, dass das Kreditvolumen seit Monaten immer langsamer wächst, obwohl die Notenbank seit Herbst letzten Jahres auf eine expansive Geldpolitik umgeschwenkt ist. Die Banken nutzen das billige Geld offenbar lieber, um sich selbst zu konsolidieren, als um Unternehmen aus der Patsche zu helfen, denen in der Krise andere Finanzierungsmöglichkeiten weggebrochen sind. Im Mai jedenfalls stieg das Kreditvolumen nur noch um 1,8 Prozent, so wenig wie noch nie in der Geschichte der Währungsunion.

Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages klagen derzeit 36 Prozent der Großunternehmen über schlechtere Kreditkonditionen, Anfang des Jahres waren es nur 26 Prozent. Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie meldet, dass sich der Anteil der Mitglieder, die die Kreditklemme spürten, von März bis Juni auf 57 Prozent mehr als verzehnfacht habe.

Eine Befragung von Unternehmensbeauftragten der IG Metall zeigte, welche Auswirkungen die restriktive Bankenpolitik auf die Arbeitsplätze haben könnte: In der Stahl-, Metall- und Elektronikindustrie muss ein zweistelliger Anteil der 1,5 Millionen Beschäftigten damit rechnen, dass ihr Betrieb aus Liquiditätsengpässen heraus zahlungsunfähig wird und Pleite geht.

In der SPD wird nun diskutiert, die Eigenkapitalregeln zu lockern und damit die Kreditvergabe zu erleichtern. Die Finanzhäuser müssen Darlehen mit einer gewissen Quote an eigenem Kapital unterlegen. "Diese Regeln zu lockern würde das Vertrauen in das Bankensystem noch weiter unterlaufen", glaubt Rudolf Hickel, Direktor der Instituts Arbeit und Wirtschaft der Uni Bremen. "Das ist kontraproduktiv." Die Grünen fordern die EZB auf, sich wie die US-Notenbank Fed direkt in die Unternehmensfinanzierung einzuschalten und Unternehmensanleihen aufzukaufen.

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3 Kommentare

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  • D
    dietah

    "Die Banken nutzen das billige Geld offenbar lieber, um sich selbst zu konsolidieren, als um Unternehmen aus der Patsche zu helfen, denen in der Krise andere Finanzierungsmöglichkeiten weggebrochen sind."

     

    Na sowas? Wer hätte das gedacht. Komisch. Private Bankinstitute, mit dem Vorsatz des maximierten Profits, die lieber in die eigene Tasche wirtschaften (bisschn Zasta fürnne neue Runde am Roulettetisch), anstatt altruistisch dem Allgemeinwohl zu dienen? Huch! Wie konnte das bloß passieren?

     

    Ja, wie wohl.

    Ihr wolltet eure bad banks behalten, da habt ihr sie. Good banks waren ja Pfui. Und jetzt ist die Kohle flöten.

    Ein klassischer Fall von selfpwned.

    Blöd nur, dass ich in diesem absaufenden Kahn mit festsitze.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Warum wundert sich das Publikum ?

    Die Banken folgen doch ganz systemtreu der Gewinnmaximierung und in diesem Falle sogar noch der systemischen Stabilisierung!

    Sonst behaupten doch alle ihren extremen ökonomischen Sachverstand, und hier auf dem niedrigsten Niveau haben sie die einfachsten Regeln nicht verstanden ....

    Menschheit erwache aus diesem Alptraum !

    Doch wo sind die Wittenberger Kirchentüren ????

  • Q
    "OPFER"

    Unser SUPER-HORST "Ich bitte die Banken, sich zu prüfen, ob sie nicht etwas entschlossener sein könnten" und dann noch der PENUNZEN-PEER, andernfalls werde er sich "mit der Bundesbank zusammensetzen" und "über Maßnahmen nachdenken, die es noch nicht gegeben hat".

    Der eine bittet, der andere will nachdenken.

    Wow, welch ein Mut und eine Entschlossenheit denen gegenüber die ohne den Steuerzahler größtenteils nicht mehr existieren würden. Diese Warmduscher und Weicheier von Politpappnasen jeglicher Couleur sind ja nicht bloß Versager sondern auch noch obendrein feige. Oder eben doch gekauft. Es ist schon Betrug genug das die Leitzinsen nicht mindestens zu achtzig Prozent weiter gegeben werden, wenn dieselben sinken versteht sich.

    Fazit der Handel mit toxischen Papieren ist nach wie vor möglich und die Banken machen im Grunde noch schlimmer weiter als zuvor, lediglich mit Staatsknete.

    Da freut man sich doch schon auf SCHWARZ/GELB nach den Wahlen, die anfangs die Weichen für den neoliberalen Kurs der letztlich mit zur Krise führte eingeleitet haben, denn dann wird der nächste Crash so richtig knallen.