Ballbesoffen (8): England in Berlin: Götter des gesetzlosen Gemetzels
Am Sonntag trifft Spanien im EM-Finale im Olympiastadion auf England. Berlin sollte sich in Acht nehmen, denn die britischen Fans sind unberechenbar.
W ir sollten ihnen dankbar sein. Nur wegen ihrer Eskapaden haben die Bierkönig-Almans nicht den schlimmsten Ruf im 17. Bundesland. Auf der Punta-Ballena (ihrer Schinkenstraße) knocken sich unsere quasi Nachbarn rund ums Jahr hemmungslos in englischen Pubs, Dart-, und Billardbuden weg. Im Vergleich zu Magaluf wirkt der Ballermann wie eine Hochburg der Zivilisation.
In Berlin knallen sich die „Insel-Affen“, wie Deutsche Fans sie schmähen, ähnlich gekonnt weg. „Ich habe PTSD von all den Drogen, die ich in Berlin genommen habe“, erzählt eine Britin, die ein paar Jahre in Berlin verbracht hat, scherzhaft. „Die lebenslustige Fröhlichkeit, von der die Briten sich selbst überzeugen, steht im krassen Gegensatz zur harten Realität ihres Lebens in einem oft grauen Drogenmilieu“, sagt sie.
Die Linie zwischen wildem Exzess und gewaltvollem Ausrasten ist schmal. Und die Briten wissen sie gekonnt zu überschreiten, vor allem wenn’s um Fußball geht. Kaum ein Team hat so ein ausgeprägtes Hooliganproblem, wie die Three Lions. Das wurde zuletzt vor 3 Jahren deutlich, als die englische Mannschaft nach über einem halben Jahrhundert wieder im Finale einer Europameisterschaft stand.
Ausschreitungen bei EM Finale 2021
Im Elfmeterschießen besiegten die Italiener die Engländer in ihrem Heimatstadion, dem Londoner Wembley-Stadion. Was darauf folgte, war ein „gesetzloses Gemetzel“ (The Athletic): Ein Mob aus Fans und Hooligans verschaffte sich illegal Zugang zum Stadion, es kam zu Massenprügeleien- und trampeleien. Besoffene und zugekokste Fans prügelten Polizist*innen krankenhausreif, Videoaufnahmen zeigen Fans auf der Straße, die sich Pyro in den Po stecken. Nachvollziehen lassen sich die verstörenden Szenen in der Netflix Doku „Das Euro-Finale: Angriff auf Wembley“.
Nun ist es wieder so weit: Die Engländer stehen erneut im EM-Finale. Am Sonntag treffen sie um 21 Uhr im Olympiastadion auf Spanien. Gefährliche Gegend, denn laut Berliner Morgenpost sind die 19.000 Briten, die in Berlin wohnen, rund um das Stadion in Westberlin am auffälligsten. Mit zehn Prozent bilden sie in diesem Kiez die größte Einwanderungsgruppe. Muss die Hauptstadt sich vor den Pyro-im-Po Fans fürchten?
Es besteht kein Grund zur Sorge, denn das ist Charlottenburg. Hier wohnen die „posh Brits“, die in bunten Cordhosen und Tweedjacken gekleideten Dandys und Großgrundbesitzer. Am Sonntag haben sie gar keine Zeit zu Pöbeln, da stehen Tea Time und „Sunday Roast“ im Soho House auf dem Programm, gefolgt (natürlich) von einem Whiskey.
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