Bahnstreik der GDL: Der Ruf nach der Zwangsschlichtung
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt fordert Einschränkungen beim Streikrecht. Nicht nur die Opposition widerspricht ihm.
BERLIN taz | Kaum bleiben ein paar Tage Züge im Depot, steht bei einigen Politikern das Streikrecht zur Disposition. „Das Ausmaß eingeschränkter Mobilität, das wir in diesem Tarifkonflikt erleben, kann man sich nicht ständig wiederholend leisten“, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dem Münchner Merkur. „In anderen europäischen Ländern gibt es deswegen auch besondere Regeln für Netzbereiche. Ich habe auch in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass ich dafür Sympathie habe.“
An neuen Regeln, die derzeit intensiv debattiert würden, nannte Dobrindt „die Vorschläge einer unumgänglichen Schlichtung, Ankündigungsfristen oder die Aufrechterhaltung einer Grundversorgung“. Solche Regeln existieren etwa in Frankreich und Italien, wo bei Ausständen im Bahnbereich eine Grundversorgung sichergestellt werden muss. Diese schafft derzeit die Deutsche Bahn aus eigener Kraft, allerdings mit Unterschieden in den Regionen.
Dobrindts Vorschlag stößt nicht nur beim Koalitionspartner SPD, sondern auch in den eigenen Reihen auf Kritik. Sie verstehe angesichts des Streiks der Lokführergewerkschaft GDL zwar entsprechende Forderungen, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt am Dienstag. Eine solche Verpflichtung zur Schlichtung sei aber „verfassungsmäßig sehr bedenklich, weil sie ein Eingriff ins Streikrecht wäre“, sagte sie. Dieses ist im Grundgesetz verankert.
Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Union-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer, verwies auf das Grundgesetz. Angesichts der „immensen Schäden“ für die Wirtschaft durch den Streik bei der Deutschen Bahn mahnte er eine Mediation an.
Die Opposition im Bundestag, Linke und Grüne, lehnen Eingriffe in das Streikrecht ab. Insbesondere die Zwangsschlichtung ist Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter ein Dorn im Auge. Vertreter der Union sollten aufhören, eine Zwangsschlichtung zu fordern. „Die Vertreter der CDU/CSU verlassen damit den Boden der sozialen Marktwirtschaft, denn das Streikrecht gehört ganz klar zur sozialen Marktwirtschaft.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja