Linke klagt gegen „Blankoscheck“

Mit einer Verfassungsklage versucht die Linke gegen die Zustimmung des Bundestags zum Handelsvertrag Ceta zwischen der EU und Kanada vorzugehen. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am Dienstag

Aus Berlin Christian Rath

An diesem Dienstag wird sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Ceta-Freihandelsvertrag von EU und Kanada befassen. Geklagt hat die Bundestagsfraktion der Linken. Die findet, dass der Bundestag vor der deutschen Zustimmung zur vorläufigen Anwendung des Abkommens seiner Verantwortung nicht gerecht wurde und damit das Grundgesetz verletzte.

Mit dem Ceta-Abkommen soll der Handel zwischen der EU und Kanada intensiviert werden. Über 99 Prozent der Zölle werden beseitigt. EU-Firmen können in Kanada auch bei öffentlichen Ausschreibungen auf regionaler und kommunaler Ebene zum Zuge kommen.

Im Oktober 2015 demonstrierten in Berlin rund 250.000 Menschen gegen Ceta. Kritisiert wurde vor allem der Schutz von Investoren aus dem jeweils anderen Wirtschaftsraum. Kritiker fürchten, dass Konzerne auf diesem Weg eine Verbesserung der Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz und im Arbeitsrecht blockieren können. Ursprünglich richtete sich der Protest gegen das TTIP-Abkommen, das jedoch am fehlenden Interesse Donald Trumps scheiterte.

Der EU-Ministerrat stimmte Ceta im Oktober 2016 zu. Das Bundesverfassungsgericht hatte dies der Bundesregierung in einem Eilbeschluss unter Auflagen erlaubt. Der Großteil des Ceta-Vertrags wird seit 2017 aufgrund eines separaten Beschlusses bereits vorläufig angewandt. Im Jahr 2018 stieg die Warenausfuhr aus der EU nach Kanada um 15 Prozent gegenüber dem Schnitt der drei Vorjahre.

Die vorläufige Anwendung gilt nicht für die Regeln zum Investitionsschutz, bei denen noch die Ratifikation der nationalen Parlamente erforderlich ist. Bisher haben die Volksvertretungen von 14 EU-Staaten ratifiziert, es fehlen noch 13 EU-Staaten, darunter Deutschland. Die Bundespolitik wartet derzeit auf den Ausgang der Prozesse in Karlsruhe.

Beim Bundesverfassungsgericht sind zwei Großverfahren zu Ceta anhängig. Die inhaltliche Bewertung, ob die EU beim Abschluss des Vertrages jenseits ihrer Kompetenzen („ultra vires“) agierte, wird voraussichtlich im nächsten Frühjahr verhandelt. Kläger ist hier ein Bündnis von Mehr Demokratie, Foodwatch und Campact, das von 125.000 Bürger*innen unterstützt wird.

An diesem Dienstag wird aber zunächst über die parlamentsrechtlichen Fragen diskutiert. Die Linke greift in ihrer Organklage die Stellungnahme des Bundestags zur vorläufigen Anwendung von Ceta an. Im September 2016 gab der Bundestag grünes Licht, unter der Voraussetzung, dass der Investitionsschutz und Themen mit nationaler Kompetenz ausgenommen werden.

Der Linken ging das alles nicht weit genug. Statt einer Stellungnahme hätte der Bundestag seine Position verbindlich per Gesetz festklopfen müssen. Auch inhaltlich sei die Stellungnahme zu vage und stelle der Regierung quasi einen „Blankoscheck“ aus, heißt es in der Klage. Das Urteil wird erst in einigen Monaten verkündet.