piwik no script img

BSW-Fraktion in Brandenburg in der KriseAllein unter Kollegen

Die SPD-BSW-Koalition im Landtag in Potsdam hat zumindest vorerst weiter Bestand. Und auch die beiden Parteilosen gehören weiter der BSW-Fraktion an.

Die aus ihrer Partei ausgetretenen Abgeordneten Gruhn und Ossowski (hier ein früheres Bild) sind in der BSW-Fraktion unter Druck Foto: Jens Kalaene/dpa

Aus Potsdam

Stefan Alberti

Wie schaffen diese beiden es, äußerlich so ruhig auf ihren Plätzen in den Reihen der BSW-Fraktion zu sitzen? Einer Fraktion, die in der Landtagssitzung am Mittwoch anfangs dem Koalitionspartner SPD nicht applaudiert, die teilweise den AfD-Fraktionschef beklatscht, die später in Teilen mit einem AfD-Rechtsaußen zur Zigarettenpause zusammensteht.

Die beiden, die das schaffen, sind Jouleen Gruhn und André von Ossowski: jene Mitglieder der brandenburgischen BSW-Fraktion, die vor einem Monat mit zwei anderen, inzwischen zurückgekehrten, ihre Partei verließen. Zwei, die in der Nähe der SPD und nicht der AfD einzuordnen sind und die SPD-BSW-Koalition weiter unterstützen wollen.

Es ist die erste Landtagssitzung, seit die SPD Mitte November nur mit Hilfe der oppositionellen CDU zwei Rundfunkverträge von bundesweiter Bedeutung beschließen konnte. Dass sich der nominelle Partner BSW mehrheitlich verweigerte, hätte ein Grund sein können, die Koalition zu beenden. Dass die SPD das nicht tat, lag schlicht daran, dass es keine Alternative gab: zusammen mit der CDU würde ein Sitz zur Mehrheit fehlen, und von einer Minderheitsregierung hält Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nicht viel.

Seither sind Gruhn und von Ossowski zwischen Baum und Borke: Das BSW kritisiert sie öffentlich und drängt sie, ihre Parlamentsmandate abzugeben. Zwischen von Ossowski und einigen Fraktionskollegen gibt es zu Beginn der Landtagssitzung immerhin noch einen Händedruck, Gruhn kommt etwas später in den Plenarsaal und setzt sich ohne große Begrüßung.

Streit um Rüstungsausgaben

Nicht öffentlich, aber dennoch vorhanden sind Versuche der SPD-Fraktion, beide zum Übertritt in ihre Reihen zu bewegen. Schon am Dienstag aber sagte von Ossowski dem Tagesspiegel, er werde die BSW-Fraktion nicht verlassen, „bis man mich ausschließt oder herausgrault“.

Zum Sitzungsauftakt am Mittwoch verteidigen SPD und CDU fast unisono Verteidigungsausgaben angesichts einer Bedrohung durch Russland. Beim BSW hingegen beklatschen mehrere Abgeordnete AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt, als der sagt: „Wir wenden uns dagegen, Russland als Reich des Bösen zu diffamieren.“ Gruhn und von Ossowski klatschen nicht, und sie applaudieren auch nicht nach der Rede ihres eigenen Fraktionskollegen Stefan Roth. Der fordert, Rüstungsmilliarden besser in Bildung und anderes zu investieren. Der Dissens in der Koalition ist in jenem Moment hör- wie sichtbar.

Es ist genau dieser Punkt, auf den die AfD drei Stunden später mit einem Antrag zielt: Ministerpräsident Woidke soll nach ihrem Willen die Vertrauensfrage stellen und dadurch klarmachen, dass er eine Mehrheit des Parlaments hinter sich hat – wobei die AfD merklich das Gegenteil hofft. Woidke hat das schon zuvor abgelehnt. Würde das auch das BSW tun?

Und ja, das BSW, von der AfD als „Hilfskraft der SPD“ bezeichnet, ist bis auf den Abgeordneten Sven Hornauf auf Linie, auch die CDU stellt sich gegen den AfD-Antrag. Sie hält also, die Koalition – und zumindest bis Redaktionsschluss hält es auch Gruhn und von Ossowski in der BSW-Fraktion.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare