piwik no script img

BGH stärkt Rechte von MieternSchönheit ist Sache des Vermieters

Wenn Vermieter eine Wohnung unrenoviert an Mieter übergeben, sind Klauseln zu fälligen Schönheitsreparaturen ungültig. Dies sei ein „wegweisendes Urteil“.

Niemand muss eine Wohnung schöner verlassen, als er sie bekommen hat Bild: dpa

KARLSRUHE afp | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte von Mietern bei geforderten Schönheitsreparaturen an Mietwohnungen erheblich gestärkt. Wenn Vermieter eine Wohnung unrenoviert an Mieter übergeben, sind Klauseln im Mietvertrag zu fälligen Schönheitsreparaturen ungültig, heißt es in einem von drei verkündeten Urteilen. Mieter müssen in diesen Fällen weder während der Mietzeit noch beim Auszug die Wohnung renovieren oder für unterlassene Renovierungen Schadenersatz zahlen.

Reparaturklauseln sind laut Gericht bei unrenoviert übergebenen Wohnungen nur dann zulässig, wenn der Vermieter dem Mieter für dessen Schönheitsreparaturen beim Einzug einen „angemessen Ausgleich“ zukommen lässt. Eine halbe Monatsmiete für Streicharbeiten in drei Zimmern ist einem weiteren Urteil zufolge „kein angemessener Ausgleich“.

Das Gericht in Karlsruhe stoppte damit die Praxis von Vermietern in Ballungsräumen wie etwa Berlin, die die Kosten für Schönheitsreparaturen unrenovierter Wohnungen oftmals auf Mieter abwälzen. Laut BGH ist es eine unangemessene Benachteiligung des Mieters, wenn er die Kosten für die Beseitigung von Gebrauchsspuren tragen soll, die nicht er, sondern ein Vormieter verursacht hat. Solch eine Klausel verpflichte den Mieter im schlimmsten Fall dazu, eine Wohnung in einem besseren Zustand zurückzugeben, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.

Laut Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund sind von dem „wegweisenden Urteil“ unzählige Mieter betroffen, die nun ihre Wohnungen weder streichen noch renovieren müssten. In vielen Fällen sei der Vermieter sogar verpflichtet, auf eigene Kosten die Wohnungen von Mietern noch während der Mietzeit zu renovieren, es sei denn, er habe sich davon im Mietvertrag freigestellt.

Solch eine Renovierung auf Vermieterkosten noch während des Mietverhältnisses ist laut Ropertz etwa für Hartz IV-Empfänger von Bedeutung, die von den Behörden kein Geld für das Streichen ihrer Wohnung bekommen. Zudem können Betroffene, die vor dem Auszug auf eigene Kosten renoviert haben, nun diese Gelder einschließlich der Kosten für die Hilfe von Freunden und Bekannten vom Vermieter bis zu sechs Monate nach Ende des Mietvertrags zurückfordern. Dies gilt auch für Schadensersatzzahlungen an den Vermieter wegen unterlassener Schönheitsreparaturen.

Was eine renovierte Wohnung ist

Für Vermieter gilt mit dem Urteil: Sie können nur bei frisch renovierten Wohnungen Klauseln zu Schönheitsreparaturen in den Mietvertrag aufnehmen. Oder sie müssen unrenovierte Wohnungen ohne solche Pflichten vermieten, falls sie keinen finanziellen Ausgleich für die Renovierungsarbeiten des Mieters zahlen.

Zudem erklärte das Gericht sogenannte Quotenabgeltungsklauseln auch für renoviert übergebene Wohnungen für ungültig. Nach diesen Klauseln mussten Mieter Renovierungskosten anteilig zahlen, falls sie vor dem festgelegten Fristenplan für Schönheitsreparaturen ausziehen. Diese Kosten seien „nicht verlässlich zu ermitteln“, heißt es im zweiten Urteil.

In der dritten Entscheidung bestimmten die Richter, was unter einer „renovierten“ Wohnung zu verstehen ist. Bei der Abgrenzung zwischen renoviert und unrenoviert kommt es demnach darauf an, ob etwa vorhandene Gebrauchsspuren so unerheblich sind, dass die Räume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln. Dies könne ein Richter in strittigen Fällen ermitteln. Dem Mieterbund zufolge steigt damit die Bedeutung von Protokollen zur Wohnungsübergabe.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Vermieter schaffen es doch immer wieder, dass sich Gerichte haufenweise an Selbstverständlichkeiten abarbeiten müssen. Mit dem Geld, das da verbraten wird, könnte man auch gleich durchrenovierte Wohnungen an die Mieter übergeben.