BGH-Urteil zur Störerhaftung: Eltern haften statt ihrer Kinder
Müssen Eltern illegale Downloads ihrer Kinder verraten? Nein, urteilt der Bundesgerichtshof. Aber dann gelten sie selbst als Täter.
Im konkreten Fall ging es um eine fünfköpfige Familie aus München, Vater, Mutter und drei bereits volljährige Kinder. Im Januar 2011 wurde spätabends vom Anschluss der Familie auf einer Tauschbörse das Album „Loud“ der Sängerin Rihanna heruntergeladen und sogleich illegal zum Download angeboten.
Die Plattenfirma Universal beauftragte daraufhin eine Abmahnkanzlei, die von der Familie Schadensersatz und Abmahnkosten von fast 4.000 Euro verlangte. Die Eltern gaben zwar eine Unterlassungserklärung ab, dass so etwas nicht mehr vorkommen solle. Zahlen wollten sie aber nicht. Sie versicherten, dass sie selbst das Album nicht auf der Tauschbörse heruntergeladen und angeboten hatten, denn sie hörten nur klassische Musik.
Eines ihrer drei Kinder habe allerdings die Rechtsverletzung eingeräumt. Als Eltern wären sie aber nicht bereit, ihr Kind zu verraten. Schlimmstenfalls könnten diesem ja sogar strafrechtliche Ermittlungen drohen. Der Anwalt der Eltern berief sich auf das Grundgesetz, das den „Schutz der Familie“ garantiere.
Der Bundesgerichtshof ließ diese Argumentation aber nicht gelten. Grundsätzlich gelte eine Vermutung, dass der Inhaber des Internet-Anschlusses die Rechtsverletzung selbst begangen hat. Die Eltern könnten diese Vermutung zwar entkräften, indem sie erklären, dass zum fraglichen Zeitpunkt auch andere Personen den Anschluss benutzt haben. Der Kläger müsse dann begründen, warum doch der Anschlussinhaber der wahrscheinliche Rechtsverletzer ist.
Urteil mit begrenzter Auswirkung
Die Angabe der Eltern, dass eines ihrer Kinder das Rihanna-Album angeboten hat, genüge aber nicht den Anforderungen, so der BGH. Denn die Eltern seien verplichtet ihre „Kenntnisse“ mitzuteilen. Wenn sie wissen, welches Kind der Täter war und nur mitteilen, dass eines ihrer Kinder verantwortlich war, ließen sie entscheidende Informationen offen, obwohl ihnen diese bekannt sind, so der BGH.
Der grundgesetzliche Schutz der Familie bleibe dabei gewahrt. Denn die Eltern seien nicht verpflichtet, die Computer ihrer Kinder auf verdächtige Software zu durchsuchen. Ähnliches hatte der BGH im vorigen Oktober bereits für Ehegatten entschieden. Auch diese seien nicht verpflichtet, sich gegenseitig aktiv zu kontrollieren.
Insofern ist die Auswirkung des aktuellen BGH-Urteils wohl recht begrenzt. Nur wenn Eltern mitteilen, dass sie wissen, welches ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen hat, haften sie selbst, falls sie das Kind nicht verpfeifen. Solange die Eltern behaupten, ihnen seien die Aktivitäten ihrer volljährigen Kinder unbekannt, haften sie nicht und müssen auch nicht hinter ihnen herschnüffeln.
Nur bei minderjährigen Kindern haben Eltern die Pflicht, diese über illegale Angebote im Internet aufzuklären und ihnen zu verbieten, diese zu nutzen, so ältere BGH-Urteile. Eine Kontrolle von deren Computer ist nur erforderlich, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass die minderjährigen Kinder sich über das Verbot hinwegsetzen.
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