BER-Vorstoß von Senatorin Bonde: Düsseldorf ist doch auch ganz nett
Verkehrssenatorin Ute Bondes extravagante Idee, dem BER eine dritte Landebahn zu verpassen, dürfte keinem Realitätscheck standhalten.
V erkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) hat mindestens zwei Probleme: Erstens gibt ihr der unerquickliche Zustand der Berliner Verkehrsinfrastruktur wenig Gelegenheit, politisch zu glänzen. Busse und Bahnen fahren überfüllt, zu spät oder gar nicht, gleichzeitig bröselt den Autos auf Brücken und Autobahnen der Beton unter den Rädern weg.
Das zweite Problem ist Bondes Fantasie. Für eine Verkehrswende zugunsten von Fuß- und Radverkehr reicht sie nicht so wirklich, für Sci-Fi-Projekte wie eine Magnetschwebebahn dagegen immer. Zuletzt überraschte sie mit der Idee, deren fahrerlose Züge könnten vom ICC über der Stadtautobahn zum Flughafen BER schweben. Ob das machbar, bezahlbar und überhaupt gewollt ist, scheinen für Bonde keine allzu relevanten Fragen zu sein.
In diese Kategorie fällt auch ihr jüngster Geniestreich: eine dritte Start- und Landebahn für den BER, die sie am Montag auf einer Veranstaltung der IHK „droppte“, wie man heute so sagt. Diese Erweiterung sei zwar „Zukunftsmusik“, aber man müsse darüber nachdenken, wenn man endlich mehr Passagiere nach Schönefeld holen und mit München und Frankfurt statt mit Düsseldorf und Stuttgart konkurrieren wolle.
Viele BeobachterInnen reagierten eher ratlos auf den völlig überraschenden Vorstoß. Wozu an eine neue Startbahn denken, wenn der BER mit rund 26 Millionen Abfertigungen in diesem Jahr immer noch rund 10 Millionen unter dem Vor-Corona-Niveau liegt – und die Kapazität für Starts und Landungen auf ein Maximum von 50 Millionen ausgelegt ist? Auf der Senatspressekonferenz am Dienstag präzisierte Bonde ihre Vorstellung zumindest ein wenig. Seriöser wurde sie dadurch eher nicht.
Das fängt schon damit an, dass Bonde nach eigener Aussage nicht einmal mit der Flughafengesellschaft als Betreiberin des BER darüber gesprochen hat. Von der war jedenfalls noch nie zu hören gewesen, dass es hier ein Problem gibt.
Es geht gar nicht um Kapazitäten
Und offensichtlich lautet der Plan der Senatorin auch nicht, mehr Start- und Landekapazitäten zu schaffen, weil es aktuell an diesen mangeln würde (dass es vorher erst einmal ein weiteres Terminal bräuchte, sollten sich die Zahlen irgendwann einmal drastisch erhöhen, räumte sie selbst ein). Nein, ihr scheint es darum zu gehen, dass man eine weitere Bahn ohne das strenge Nachtflugverbot von bis 5 Uhr genehmigen lassen könnte, das für die beiden Bestandsbahnen gilt.
Mit hunderttausenden Kubikmetern Beton ein Flugverbot zum Schutz der AnwohnerInnen aushebeln? Das klingt nicht nur absurd, es wird auch keinem Realitätstest standhalten. Die ersten Reaktionen aus der Brandenburger Politik fielen entsprechend negativ aus, selbst aus den Reihen der CDU.
Einfacher wäre es, mehr Flieger mit einer Senkung der hohen Flughafengebühren anzulocken. Aber auch das verbietet sich im Grunde, weil die Flughafengesellschaft nach dem jahrelangen BER-Schlamassel immer noch hoch verschuldet ist. Vielleicht sollte Ute Bonde sich einfach damit abfinden, dass Berlin manchmal in einer Liga mit Düsseldorf spielt.
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