BAKJ-Kongress: „Es geht ums große Ganze“

Die Deutsche Wohnen ist im DAX, in Berlin muss sie um ihre Wohnungen bangen. Mit Eigentum beschäftigt sich ein Kongress kritischer JuristInnen.

Frau mit Mundschutz bedruckt mit einem Slogan

Bei einer Demo gegen die Deutsche Wohnen im Mai in Berlin Foto: dpa

Laura Jacobs liebt Schnapspralinen, trinkt täglich einen Liter Kaffee und kämpft für die große Utopie – dem Känguru aus den berühmten Chroniken ist sie darin nicht unähnlich.

Morgen, auf dem rechtspolitischen Kongress des Bundesarbeitskreises Kritischer Juragruppen (BAKJ) wird Jacobs in einem Vortrag die „Zusammenhänge von Privatrecht und kapitalistischen Verhältnissen“ aufdröseln und utopische Alternativen aufzeigen. Zusammen mit anderen linken Rechtswissenschaftler*innen hat sie das Treffen schon einmal mitorganisiert, das seit 1989 zweimal jährlich durch verschiedene deutsche Städte rotiert. Pandemiebedingt steht jetzt die Online-Premiere an.

„Ich freue mich sehr darauf“, erzählt Jacobs der taz am Telefon. Das neue Format sei spannend und: „Dieses Jahr geht es ums große Ganze“, erklärt sie und meint damit die Eigentumsverhältnisse in Deutschland. Es überrascht nicht, dass die Berliner Gruppe dieses Thema für den Kongress gewählt hat. Dort will ein Volksbegehren große Wohnungsunternehmen enteignen lassen.

Die Initiative richtet sich vor allem gegen die Deutsche Wohnen, die eben in den DAX aufgenommen ist, also zu den 30 größten Unternehmen am deutschen Aktienmarkt gezählt wird. In einem ersten Schritt hatte die Initiative im Vorjahr rund 77 000 Unterschriften gesammelt, um die Einleitung des Volksbegehrens zu beantragen. Aber die Berliner Innenverwaltung prüft seit Juli 2019, ob das Volksbegehren zu lässig ist. Erst wenn sie positiv verlaufen ist, kann die eigentliche Unterschriftensammlung für das Begehren starten.

Feministische Perspektiven in Jura sind unterrepräsentiert

Gesellschaftliche Debatten wie die um die Mietpolitik waren es, die Laura Jacobs zum Jurastudium motiviert haben, nicht das Klischee von Geld und Status. Dafür ist die gebürtige Berlinerin 2012 nach Hamburg gezogen. „Die Stadt hat mich gelockt, aber auch das starke Netzwerk kritischer und feministischer Jurist*innen dort.“

Jacobs beginnt sich hochschulpolitisch zu engagieren, wird in den Fakultätsrat gewählt und arbeitet in der Law Clinic für Geflüchtete mit. In der Examensvorbereitung beginnt sie mit einer Kommilitonin das Blog „Staat–sex–amen“, um Alternativen zu kommerziellen Vorbereitungskursen aufzuzeigen. „Wir wollen das Projekt nutzen, um das System der juristischen Ausbildung ganzheitlich auf den Prüfstand zu stellen“, heißt es auf dem Blog.

Auch als Lehrbeauftragte und Forschende in Hamburg stellt Jacobs sich diesem Ziel, möchte Themen einbringen, die die juristische Standardausbildung nicht vorsieht. Es käme auf Einzelpersonen an, die etwa feministische Perspektiven in die Lehre einbrächten. Zum Thema „Ziviler Ungehorsam und Zivilrecht“ forscht sie in ihrer Dissertation. „Während es zum Zivilen Ungehorsam in den Sozialwissenschaften eine differenzierte Diskussion gibt, ist in der Rechtswissenschaft noch viel Luft nach oben.

Dabei ist das Thema durch die Klimaproteste sehr relevant geworden.“ Denn: Wenn der Großkonzern RWE einzelne Aktivist*innen verklagt, stünden sich keineswegs gleiche Parteien gegenüber. Und wenn Ende-Gelände in die Gruben geht, sei das nicht nur eine Frage des Strafrechts.

Von dieser Forschung wird noch zu hören sein, spätestens auf dem nächsten BAKJ-Kongress. Mit der Kaffee- und Schokoladendynastie hat Jacobs, trotz ihrer persönlichen Vorlieben, übrigens nichts zu tun.

Infos aus und zu den Sozialen Bewegungen finden Sie unter taz.de/bewegung

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