B-Note: Warum über Fußball reden?
Die Kommentatoren der WM-Spiele in Kanada leiden unter einer seltsamen Beißhemmung. Auch schlechte Partien werden schön geredet.
S oll man die Fußballerinnen beneiden? Vor dem Fallbeil der Bewertungen ist heute eigentlich kaum noch jemand sicher. Evaluierungen finden überall statt.
Ob Kitas, Sprechstundenhilfen oder Metzgereien. Alles wird bewertet und eingeordnet. Die Kickerinnen in Kanada aber genießen immer noch so eine Art Dauerwelpenschutz. Ihr Sport wird klein gehalten.
Bei den Männern werden dagegen seit einer gefühlten Ewigkeit Noten vergeben. Sie geben seit jeher Referenzwerte ab, anhand derer über Leistungen diskutiert wird. Aber Noten für Kickerinnen sind beim Kicker auch bei dieser WM ein Tabu.
Die TV-Kommentatoren scheuen sich ebenfalls vor Einzelkritik. „Das war eine Mischung aus einem Pass und einem Schuss. Warum nicht?“, beschrieb kürzlich mal wieder ein wohlwollender Mann am Mikrofon eine Spielszene in Kanada. Wenn Saskia Bartusiak in der deutschen Innenverteidigung dilettiert, übergeht man das nonchalant.
Schweini als Vertreter der Moderne
Fußballexpertistisches wird nach wie vor an der Frage entlang verhandelt: Werbung für den Frauenfußball? Ja oder nein? So wird Gendergerechtigkeit im öffentlich-rechtlichen Raum dekliniert. Die Nationalspieler Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski präsentiert man als Vertreter der Moderne, weil sie der Ansicht sind, die WM in Kanada könne man sich durchaus anschauen.
Wer sich mit dem Geschehen auf dem Platz auseinandersetzen will, muss sich zu den Nerds begeben. Beim Taktikblog Spielverlagerung etwa werden WM-Spiele nüchtern analysiert. Zwischen Männern und Frauen werden keine Unterschiede gemacht. Schwächen ohne jegliche Schönfärberei als solche auch benannt. Hier wird einfach nur über Fußball geschrieben. Warum nicht?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland