Axel Friedrich: Schärfster Kritiker der Verkehrspolitik
Der renommierte Verkehrsdirektor des Umweltbundesamtes ist einer der flammensten Kämpfer für Umweltbelange in der Verkehrspolitik. Nun wurde er Bauernopfer des Umweltministeriums.
Man muss ihn erlebt haben. Seine Hochform erreicht der langjährige Verkehrsdirektor des Umweltbundesamts, Axel Friedrich, in direkter Konfrontation mit der Autolobby. Auf einer Adrenalinwolke schwebend rattert er die Fakten runter, dass den Kontrahenten Hören und Sehen vergeht.
Wie ein Wolkenbruch prasseln die Daten hernieder. Seine Rhetorik erinnert an Petra Kelly, die die ganze Welt am liebsten in einen Satz gepackt hätte. Vor Friedrich haben alle Respekt, manche Angst.
Wunderbar, mit welchen Argumenten die Lobbyisten etwa bei der Friedrich-Ebert-Stiftung den weltweit anerkannten Experten immer wieder als Referenten verhindern wollten: "Der macht doch nur schlechte Stimmung!" - "Den ertrag ich nicht!" - "Nicht schon wieder Friedrich!" Seit es Laptops gibt, ist er noch besser geworden. Wie einen Patronengurt trägt er den mobilen Computer. Und wehe, er klappt ihn auf.
Für die verkehrspolitische Debatte im Land war Friedrich der Ground Zero. Er hat die Themen gesetzt, hat die Verkehrspolitik mit nervtötender Beharrlichkeit an ihre Versäumnisse erinnert. Er hat vor allem immer wieder gefragt, was denn die Ziele seien. Noch mehr Lastwagen, noch mehr Autoprotektionismus, noch mehr Beton anrühren? Oder doch etwas mehr Nachhaltigkeit?
Dass er dabei nicht auf einer Linie mit dem Umweltministerium stand, muss kaum betont werden. Beispiel Biokraftstoffe: Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will den Sprit vom Acker in zwölf Jahren auf einen 20-Prozent-Anteil puschen. Friedrich hält das für falsch - und sagt es auch. Ungerührt verweist er auf Pestizidorgien, hohen Energieeinsatz für Biosprit und klimakillende Lachgasemissionen durch den Dünger.
"Axel Friedrich", sagte kürzlich ein Beamter im Umweltministerium, "ist wie ein ungesteuertes U-Boot": schwer auszurechnen, wo die Torpedos einschlagen. Die Zusammenarbeit, heißt es, sei zuletzt schwierig gewesen. Auch im Umweltbundesamt gab es Kritik. Friedrich reise zu viel - er engagiert sich unter anderem für die Umwelt im Moloch von Mexiko-Stadt - und führe die Abteilung nicht ordentlich.
Wenn man Axel Friedrich loswerden will, kann man viele Gründe anführen. Doch der wichtigste bleibt ungenannt: Friedrich ist der unbequemste und hartnäckigste Kritiker deutscher Verkehrspolitik. Er wird jetzt zum Sündenbock der Dieselrußfilter-Affäre gemacht und - sieben Monate vor seiner Pensionierung - abgeschoben. Nachrufe sind indes verfrüht. Wir werden von Friedrich noch einiges hören.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!