Autokauf vor Diesel-Skandal: BGH verhandelt erstmals VW-Fall
Können getäuschte Dieselfahrer den Kauf rückgängig machen und Geld zurückverlangen? Der Bundesgerichtshof verhandelt einen Pilotfall.
Im konkreten Fall hatte ein Rentner aus Rheinland-Pfalz gegen VW geklagt. Er hatte 2014 einen gebrauchten VW Sharan gekauft. Als er erfuhr, dass auch bei seinem Fahrzeug die Abgassteuerung des Motors manipuliert war, verklagte er VW auf Rückzahlung des Kaufpreises. Motoren der Baureihe EA 189 haben nur auf dem Prüfstand die Abgase normal gereinigt, nicht aber im normalen Straßengebrauch.
Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz gab dem Rentner grundsätzlich Recht. VW habe hier die Verbraucher „vorsätzlich sittenwidrig“ geschädigt. Er könne den Sharan zurückgeben und bekomme dafür den Kaufpreis erstattet. Vom Kaufpreis werde allerdings der Wert der genutzten 20 000 Kilometer Fahrleistung abgezogen.
Dagegen gingen sowohl der Rentner als auch VW in Revision. Der Rentner will den Kaufpreis von 31.500 Euro in voller Höhe zurück. Wenn VW die Verbraucher täusche, könne es nicht den Gegenwert der Nutzung abziehen. Der Rentner war anders als sehr viele andere Kläger zu keinem Vergleich mit VW bereit, so dass es nun tatsächlich zu einem BGH-Urteil kommen wird.
Noch 68.000 Klagen gegen VW
VW argumentierte in seiner Revision, dass doch gar kein Schaden eingetreten sei. Der Sharan sei fahrbereit und sicher gewesen. Seit dem Software-Update 2017 bestehe auch nicht mehr die Gefahr einer behördlichen Betriebsuntersagung. VW will auch nicht gelten lassen, dass Dieselfahrzeuge nun weniger wert seien. Der Wiederverkaufswert sei nicht bei Bekanntwerden der „EA 189-Geschichte“ gesunken, betonte ein Konzern-Sprecher, sondern erst zwei Jahre später, nachdem es Diskussionen um Diesel-Fahrverbote gab.
Von der Abgas-Manipulation waren in Deutschland mindestens 2,4 Millionen Fahrzeuge betroffen. Im Zuge der Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverband hat sich VW mit rund 235.000 Kunden auf Entschädigungszahlungen geeinigt. Sie können ihren Diesel-Pkw behalten und bekommen je nach Alter und Typ Beträge zwischen 1.350 und 6.250 Euro. Immerhin 68.000 individuelle Klagen gegen VW sind aber auch noch bei Gericht anhängig. Für sie hat das jetzige BGH-Verfahren Präzedenzwirkung. Neue Klagen sind wegen Verjährung nicht mehr möglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach