Autoindustrie als Wahlkampfthema: Merkel weist E-Auto-Quote zurück
SPD-Kanzlerkandidat Schulz hatte eine europaweite Quote für E-Autos gefordert. Bei ihrem Wahlkampfauftakt gibt Kanzlerin Merkel dem eine Absage.
Sie glaube nicht, dass die Quote für E-Autos schon genau durchdacht sei, sagte die Kanzlerin. „Erstmal verhandeln wir dann wieder ewig in Europa, wie die Quote nun sein soll. Und anschließend: Was machen wir denn, wenn sie nicht eingehalten wird.“
Merkel war von Teilen der SPD kritisiert worden, weil sie wegen ihres Sommerurlaubs nicht am Diesel-Gipfel der Bundesregierung Anfang August mit den Unternehmen teilgenommen hatte. Das Thema sorgt wegen drohender Fahrverbote in Städten und des anhaltenden Abgas-Skandals im Wahlkampf auch für Unruhe in den Unionsreihen. Auch angesichts der jüngst in Umfragen zurückgegangenen Zustimmungswerte zur Politik der Kanzlerin dürften Merkels Äußerungen ein Versuch sein, bei dem wichtigen Wahlkampfthema wieder Boden zu gewinnen.
Nach dem Vorschlag von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz soll eine Quote bei E-Autos nicht für die Autobauer gelten, sondern für Neuzulassungen. Demnach soll der Staat einen E-Auto-Anteil festlegen, etwa bezogen auf die Einwohnerzahl. Das soll Anreiz für die Autobauer sein, sich auf diesem Markt eine gute Position zu sichern. Kaufanreize sollten Kunden dazu bringen, Autos mit elektrischem Antrieb zu kaufen.
Kritik an Merkels Quoten-Äußerungen kam umgehend vom Koalitionspartner. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) erklärte in Berlin, die Quoten-Debatte müsse von der Bundesregierung mitgestaltet werden. „Abzulehnen, ohne Alternativen zu benennen, zeigt, dass eine Konzeption fehlt und wir isoliert werden.“ Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte, ohne Quote würden die EU-Klimaschutzziele für 2030 nicht erreichbar sein. „Das wäre ein erneuter Kniefall vor der Autoindustrie.“
Linken-Parteichef Bernd Riexinger kritisierte auf Twitter, Merkels Appelle reichten nicht. „Betrügern muss man das Handwerk legen“. Die Konzerne müssten Nachrüstungen älterer Diesel-Fahrzeuge komplett zahlen.
Ehrlichkeit und Autoindustrie
Merkel verlangte vor rund 800 Zuhörern in Dortmund, wenn Deutschland Automobilstandort Nummer eins bleiben wolle, müsse man stärker auf die Entwicklung alternativer Antriebstechnologien setzen, das autonome Fahren und die Vernetzung von Mobilität weiterbringen. „Die Frage, ob die deutsche Automobilindustrie diese Zeichen der Zeit erkannt hat, wird über ihre Zukunft entscheiden. Und damit über Hunderttausende von Arbeitsplätze.“
Ehrlichkeit gehöre zur sozialen Marktwirtschaft, betonte Merkel. „Das, was man da unter den Tisch gekehrt hat, oder wo man Lücken in den Abgastests einfach massiv genutzt hat bis zur Unkenntlichkeit, das zerstört Vertrauen.“ Nun könne nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden. „Das wird noch viele Diskussionen hervorrufen.“
Auf die Automobilindustrie als wichtige Säule der deutschen Wirtschaft könne und wolle man aber nicht verzichten, sagte Merkel. „Deshalb müssen wir uns schnell genug erneuern.“ Wo die Unternehmen dies nicht alleine schafften, müssten sie von der Regierung „angeschubst“ werden und Verpflichtungen vereinbaren. Bei der Bewältigung der Diesel-Affäre gehe es um mehr als 800 000 zentrale Arbeitsplätze – „das hat viel mit Made in Germany zu tun.“
In diesem Zusammenhang sei die Nachrüstung der Autosoftware „mal das Mindeste. Die Angebote von Umtauschprämien sind ein Schritt“, sagte die Kanzlerin. Ob dieser ausreiche, werde bei einem weiteren Gipfel mit der Wirtschaft im Herbst überprüft. Zudem müssten Fahrverbote vermieden werden, betonte sie unter dem Beifall der etwa Zuhörer.
Bei der Bewältigung der Diesel-Affäre müsse ein vernünftiger Weg gefunden werden, „in dem die Hauptverantwortung die Automobilindustrie trägt“, sagte Merkel. Zusammen mit Kommunen und Ländern wolle die Regierung für bessere Voraussetzungen für neue Antriebstechniken sorgen, wie etwa Ladestationen für E-Mobilität in den Städten. Sie werde etwa Vorschläge machen, wie Arbeitnehmern Lademöglichkeiten während der Arbeitszeit ermöglicht werden könnten.
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