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Autogegnerin Gröne über Altonas Neue Mitte„Platz für Gärten“

Bis Montag können Einwendungen gegen den Bebauungsplan eingereicht werden. Gründe gibt es genug, findet das Netzwerk autofreies Wohnen.

Wünschen sich Bürger in Altona: PKW-freie Zonen wie hier am autofreien Sonntag Bild: dpa
Lena Kaiser
Interview von Lena Kaiser

taz: Frau Gröne, was haben Sie dagegen, wenn Ihre neuen Nachbarn in Mitte Altona Auto fahren?

Britta Gröne: Mit dem großen neuen Wohngebiet verdichtet sich Altona. So, aber auch durch den Bau von Ikea, wird sich das Verkehrsaufkommen steigern. Wir glauben, dass man da umdenken muss. Wobei es nicht darum geht, mit dem Verdichten aufzuhören. Denn wir wollen ja neue Wohnungen. Aber damit darf man nicht zu einem Verkehrskollaps in Altona beitragen.

Aber die Stadt sagt doch, dass es gelungen ist, das neue Quartier autoarm zu gestalten.

Unser Ziel war ja, mit drei Wohnblöcken ein großes quasi autofreies Quartier zu schaffen, dessen Stellplatzschlüssel auf 0,1 limitiert ist – das entspricht einem Platz je zehn Wohneinheiten. Jetzt ist es so, dass der Stellplatzschlüssel insgesamt in diesem Gebiet bei 0,4 liegt und wir mit unserem reduzierten Ansatz von 0,2 rechnerisch sogar einen höheren Anteil in anderen Bereichen legitimieren.

Umgerechnet heißt das, dass für die geplanten 1.600 Wohnungen im ersten Bauabschnitt 640 PKW-Stellplätze vorgesehen sind. Dadurch steigen auch die Mieten, warum?

Mit dem Bau der Tiefgaragen steigen die Kosten. Wir würden gerne darauf verzichten und dadurch Platz für Gärten und Freizeitmöglichkeiten für Familien gewinnen.

Im Interview: Birgit Gröne

48, ist als Mitglied der Baugemeinschaft Gleishaus im Netzwerk Autofreie Mitte Altona, in dem 18 Baugemeinschaften sind.

Aber der Verzicht auf Parkplätze heißt nicht, dass die Leute keine Autos haben. Könnten die nicht einfach an der nächsten Straßenecke parken?

Das wird vertraglich geregelt. In der Saarlandstraße ist es so. Da gibt es ein großes autofreies Projekt, das wir auch besucht haben. Der so genannte Verzicht auf Autos wird von den Bewohnern aber tatsächlich als Bereicherung beschrieben, weil man anders mit der Fläche umgehen kann: Straßen und Parkplätze werden zu grünen Oasen.

Wie genau sieht Ihr Konzept für ein autofreies Viertel aus?

Wir haben mit zwei Architekturbüros einen Vorschlag gemacht, wonach im südlichen Bereich zwischen dem Gerichtsviertel, dem Park und der Schule drei Blöcke autofrei gestaltet und auf Tiefgaragen und Stellplätze weitgehend verzichten werden soll. Durch die Konzentration von autofreiem Wohnen und verwandten Nutzungen wäre es möglich, Straßen ganz für den Verkehr zu sperren oder zu beruhigen. Ferner sind Grünflächen auf Tiefgaragen in ihrer Bepflanzungsart nicht limitiert.

Inwiefern sehen die Pläne der Stadt anders aus?

Es gibt jetzt zwei Blöcke, einen ganz im Norden und einen im Süden neben der Schule. Aber da sind jetzt auch andere Wohnprojekte untergebracht, was wir auch erstmal gut finden. Aber es gibt eben keine Zusammenfassung von autofreien Bauprojekten und wir finden, dass das absolut Sinn ergeben würde. Weil man eben mit den Flächen und Straßenräumen, die dadurch entstehen würden, ganz anders umgehen könnte.

Auch Eltern der Theodor-Haubach-Schule am Holstengelände sind gegen die Verkehrsplanung. Dort, wo jetzt noch der Schulhof ist, sollen bald täglich bis zu 4.000 Autos fahren.

Wir haben keinen Kontakt zu denen. Das ist natürlich schade, wir haben ja in unserem Konzept darauf gesetzt, dass auch die benachbarten Viertel durch die Verkehrsreduzierung profitieren. Jetzt passiert etwas, was genau in die andere Richtung geht. So wird die Lebensqualität weiter verschlechtert.

Kommt die Kritik, dass die Stadt eine Chance vertan hat, nicht ein bisschen zu spät?

Wir haben ja schon sehr früh damit angefangen, in den politischen Prozess einzusteigen. Wir haben alle Parteien besucht und haben mit den Eigentümern gesprochen und unser Konzept vorgestellt. Wir haben auch etwas erreicht, nämlich den reduzierten Stellplatzschlüssel von 0,2 in den beiden Blöcken für die Baugemeinschaften. Ich denke, es ist aber noch nicht zu spät, weil die Straßenräume und die Frage von Tempolimits innerhalb des Gebiets und in der Harkortstraße noch nicht festgelegt sind. Und außerdem ist noch bis Montag Zeit, Einwendungen bei der Stadt einzureichen. Wenn viele Leute um Nachbesserung bitten, könnte sich ja auch noch was tun.

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8 Kommentare

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  • Gut. Utopien müssen in den Praxistest. Aber ich frage mich, wie autofreies Wohnen in einer Gesellschaft, die das Autofahren quasi zur Religion erkoren hat, funktionieren soll? Deshalb vermute ich, dass es wohl nicht gelingen wird. Weder im gesamten Altona noch überhaupt. Für mich führt dies zu der Frage: Wenn ein Praxistest von Anfang an nur Ergebnisse produziert, die nicht allgemein gesellschaftlich umsetzbar sind, warum sollte dafür Geld ausgegeben werden? Mit besseren Radwegen und Optimierung des ÖPNV wäre es doch auch getan, oder nicht? In Altona gibt es übrigens noch wichtigere Probleme als das autofreie Wohnen. Welche? Zum Beispiel günstiges Wohnen für Viele statt Utopien für Wenige. Oder IKEA - warum wird das Projekt so immens verteufelt? Nicht alles, was Autoresistente für Fortschritt halten, muß uns auch wirklich weiterbringen.

    • G
      Großstadtkind
      @Rüdiger Bäcker:

      Warum sollte autofreies Wohnen eine Utopie sein?

      Ich wohne in Ottensen in einer normalen Wohnlage. Von zehn Mietparteien haben gerade mal zwei ein Auto. Ganz ähnlich sieht es im Rest der Straße aus, wenn ich mir die Zahl der geparkten Autos in der Straße ansehe. Ich kenne nur die Zahlen der unmittelbar angrenzenden Häuser, auf insgesamt 30 Parteien kommen 6 Autos.

       

      Autofreies Wohnen ist also längst Realität. Menschen aus der Vorstadt oder Zugezogene vom Land können sich das vielleicht nicht vorstellen, aber in innerstädtischen Lagen von Großstädten verzichten eine große Menge an Menschen auf ein Auto.

       

      Wie gesagt: es handelt sich bei den oben beschriebenen Zahlen weder um ein Bau-, Wohn- oder sonstiges Projekt oder eine spezielle Auto-Gegner-Enklave, sondern um (für Ottenser Verhältnisse) normale Wohnlage mit frei vermieteten Wohnungen.

    • T
      Thommy
      @Rüdiger Bäcker:

      "Aber ich frage mich, wie autofreies Wohnen in einer Gesellschaft, die das Autofahren quasi zur Religion erkoren hat, funktionieren soll?"

       

      Ich frage mich wie eine Gesellschaft, die das Autofahren quasi zur Religion erkoren hat generell weiter existieren soll? Das Öl geht langsam aus und die Umweltschäden laufen aus dem Ruder. Autofreies Leben ausprobieren und ausbauen ist ein unglaublich wichtiger Schritt!

      • @Thommy:

        Ob unserer Wahnsinnszivilisation so bald das Öl ausgeht, ist noch nicht ausgemacht. Der Oil Peak wurde in den späten 90ern des letzten Jahrhunderts ohne Kenntnis neuer Vorkommen in der Arktis, vor Brasilien und vor Guinea berechnet. Fracking gab es damals nur als Denkmodell, Ölschieferabbau war nur begrenzt möglich. Und selbst wenn: Man würde auch ohne Öl Möglichkeiten finden, Autoräder zum Rollen zu bringen. Ich sehe es daher realistisch: Die Hoffnung auf eine Zukunft ohne rollende, stinkende Wohnzimmer auf der Straße ist eine unerfüllbare Utopie. Schade, eigentlich.

    • @Rüdiger Bäcker:

      Ich verstehe ihre Aufregung nicht! Haben Sie Angst, dass "autofreies Wohnen" ansteckend ist?

       

      Es funktioniert doch schon - und es wird weiterhin funktionieren - auch bestehende Zustände können sich ändern - gerade durch "Utopien für Wenige"!

      Angesichts der Flächenverschwendung und Umweltschäden durch Autos sind diese "Utopien" ein erster Schritt in die richtige Richtung!

      Unsere Lebensqualität geht durch die Blechkisten verloren - der Platz, den die parkenden Kfz beim Parken einnehmen, wird den Kindern zum Spielen genommen. Immer mehr Grünflächen verschwinden zugunsten von Park!plätzen - es wird Zeit, dass mehr als nur ein Anfang gemacht wird!

       

      Sie schlagen bessere Radwege vor - was für Radwege?

      Solche lebensgefährlichen, die wir hier schon haben?

      Radfahrer gehören als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer auf die Fahrbahn und nicht neben den Gehweg - Fahrräder sind ernst zu nehmende Fahrzeuge und kein lästiger Spielkram!

       

      Was nun IKEA damit noch zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht !!??

      • @Rossignol:

        Danke der Nachfrage, Herr/Frau Rossignol. Ich bin eigentlich ganz entspannt, von Aufregung keine Spur. Spaß beiseite: Meiner Meinung nach ist autofreies Wohnen ein Irrweg. Und in Altona hat irgendwie alles mit IKEA zu tun, wenn man jedenfalls der Bezirksversammlung und dubioser Aktivistenseite folgt. Ihre verbleibenden Fragen möchte ich aus Zeitgründen nicht beantworten. Ich glaube zudem, dass Sie ganz genau wissen, was ich meine. :)

        • L
          Lästig
          @Rüdiger Bäcker:

          @ Rüdiger Bäcker

          Zählen Sie sich zu der "dubiosen Aktivistenseite"? - nun auch mal Spaß beiseite, Sie schreiben reichlich flott gegen das "autofreie Wohnen" an, zur Erinnerung, es gab mal einen Koalitionspartner der cdu, die nennen sich "Die Grünen", und eins ihrer Alleinstellungsmerkmale war autofreies Wohnen, ich hoffe auch, sie wissen, was ich meine;)

          • @Lästig:

            Nett von Ihnen, dass Sie mich persönlich ansprechen. Gerne antworte ich ausführlich auf die von Ihnen an mich gerichteten Fragen:

            Nein.

            Nein.

            :)