Auswirkungen der US-Geldpolitik: Welche Folgen die Zinswende hat
Die Fed hat die Zinswende eingeleitet und will so eine hohe Inflation bekämpfen. Das wird weltweite Folgen mit sich tragen. Fragen und Antworten.
Wie bremsen höhere Zinsen die Inflation?
Steigen die Zinsen, verteuern sich zum Beispiel Kredite. Privathaushalte und vor allem Unternehmen finanzieren dann weniger auf Pump. Die Nachfrage sinkt also. Das Wachstum schwächt sich ab. Lässt die Nachfrage zum Beispiel nach Energie oder Computern und Autos nach, schwächt sich auch der Preisdruck ab. Das alles geschieht aber nicht von heute auf morgen. Wenn die Notenbank Fed, wie am Mittwoch angekündigt, im März erstmals seit langer Zeit die Zinsen anhebt, vergehen noch einige Monate, bis sich die Wirtschaft wie gewünscht entwickelt. Auf die Entwicklung einzelner Preise, etwa für Energie, haben Zentralbanken jedoch keinen Einfluss.
Warum wirken sich Zinserhöhungen in den USA auch auf Deutschland aus?
Die Weltwirtschaft und das Weltfinanzsystem sind eng miteinander verflochten. Die Zinspolitik wirkt daher weit über die Grenzen der USA hinaus. Eine Folge ist die Verlagerung von Kapital in die USA, weil es sich dort besser verzinst als zum Beispiel in Europa. Das Geld wird zum Beispiel aus riskanteren oder nicht lohnenswerten Anlagen abgezogen. Das können Aktien deutscher Unternehmen sein oder auch Anleihen der europäischen Staaten.
Auch auf die Währungen hat die Fed-Entscheidung Einfluss. Tendenziell steigt die Nachfrage nach Dollar. Der Euro verliert an Wert. Damit verteuern sich Einfuhren wie Erdöl, die in Dollar abgerechnet werden. Andererseits erleichtert ein niedriger Eurokurs deutschen Unternehmen Exporte, weil ihre Produkte damit international preisgünstiger werden.
Ist auch in Europa die Zeit der Niedrigzinsen bald vorbei?
Auch in Europa ist die Inflation derzeit so hoch wie lange nicht mehr. Zuletzt stiegen die Preise um 5 Prozent. Doch die Europäische Zentralbank (EZB), die für die Zinspolitik in Europa zuständig ist, will noch eine Weile an der Nullzinspolitik festhalten.
Denn im Gegensatz zu den USA läuft die Konjunktur in der Eurozone noch nicht überall auf Hochtouren. In der kommenden Woche tagt der EZB-Rat. Dann wird sich zeigen, ob die Zentralbank andeutet, den Amerikanern zu folgen. Die EZB erwartet wie auch die Bundesregierung, dass die Inflation im Jahresverlauf wieder nachlässt und sich im kommenden Jahr wieder in Richtung der Zielmarke von 2 Prozent bewegt. Allerdings haben die Notenbanker zuletzt mit ihren Prognosen danebengelegen.
Steht wegen der Zinswende ein Börsencrash ins Haus?
Niedrige oder gar keine Zinsen bedeuten auch, dass viel Geld im Umlauf ist, zum Beispiel durch billige Kredite. Außerdem fehlen rentable Anlagemöglichkeiten. Ein großer Teil des überschüssigen Geldes wird daher am aussichtsreicheren Aktienmarkt oder in Immobilien angelegt. Steigen die Zinsen, wird dieses Kapital womöglich wieder abgezogen und in sichere Anlagen umgeschichtet.
Tendenziell zieht das sinkende Aktienkurse nach sich. Wie groß die Gefahr eines tiefen Einbruchs an den Börsen ist, lässt sich schwer vorhersagen. Da sind sich auch die Experten nicht einig. Im Vorfeld der Sitzung der US-Notenbank gab es schon stark sinkende Notierungen an den Börsen. Da spielten aber vermutlich auch die Unsicherheit über die künftige Zinspolitik sowie die Sorge vor einem Krieg in Europa eine Rolle.
Wie sollten sich Sparer jetzt verhalten?
Für Sparer in Deutschland ändert sich zunächst einmal wenig. Noch hat die EZB ihnen keine Hoffnung auf baldige Zinssteigerungen gemacht. Selbst wenn die Zentralbank nachziehen und die Zinsen in Europa anheben sollte, wird es für Guthaben bei den Banken noch dauern, bis sie höhere Zinsen an ihre Kunden weitergeben. Wer sein Geld in Aktien anlegen will, fährt nach Einschätzung der Stiftung Warentest mit langfristig ausgerichteten Sparplänen am besten. Damit können Kursschwankungen ausgeglichen werden.
Sind jetzt Geldanlagen in US-Dollar sinnvoll?
Auch in den USA wird es noch eine Weile dauern, bis höhere Zinsen an die Sparer weitergegeben werden. Da die Fed die Zinsen wohl auch nur in kleinen Schritten erhöhen wird, lohnt sich eine Sparanlage in den USA vorläufig noch nicht. Außerdem sollten Sparer bedenken, dass der Ertrag einer Anlage in den USA auch vom jeweiligen Wechselkurs abhängt. Sinkt der Dollarkurs, kommt womöglich trotz höherer Zinsen weniger heraus als bei einer heimischen Anlage.
Was haben Zinsen mit Kryptowährungen zu tun?
Einen direkten Zusammenhang gibt es nicht. Zurzeit verkaufen Anleger vor allem sehr hoch bewertete Technologieunternehmen und scheuen das Risiko. Kryptowährungen sind hochspekulativ und werden in Folge dieses Trends ebenfalls abgestoßen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen