Australische Visa und Tennisstar Ðoković: Politik der Abschreckung

Der Verbleib des ungeimpften Tennisstars Novak Ðoković in Australien hängt allein vom Minister Alex Hawke ab. Das ist ein grundsätzliches Problem.

Novak Ðoković nimmt seine Kappe vom Kopf

Gibt sich entspannt: Novak Ðoković beim Training Foto: Mark Baker/ap

CANBERRA taz | Geht es nach den Veranstaltern der Australian Open, dann spielt Novak Ðoković kommenden Montag sein Erstrundenmatch gegen den serbischen Landsmann Miomir Kecmanović. Das ergab die Auslosung am Donnerstag in Melbourne. Ob der Weltranglistenerste aber wirklich antreten wird, hängt nach wie vor vom Entscheid des australischen Einwanderungsministers Alex Hawke ab.

Ðoković war in der vergangenen Woche die Einreise ins Land verweigert worden, weil er nicht gegen das Coronavirus geimpft ist und den Behörden die Dokumentation seiner medizinischen Ausnahmegenehmigung nicht ausreichte. Weil die Grenzbeamten ihm nicht die vereinbarte Zeit zur Klärung zugestanden hatten, wurde die Entscheidung von einem Gericht am Montag gekippt. Minister Hawke hat aber noch die Möglichkeit, Ðoković das Visum zu entziehen.

Dass ein Politiker sich beklagt, er habe zu viel Macht, kommt eher selten vor. Doch genau das kritisierte 2008 der ehemalige australische Einwanderungsminister Chris Evans. Das Migrationsgesetz habe ihm als Minister enorme Befugnisse gegeben – buchstäblich über Leben und Tod. „Ich fühlte mich dabei nicht nur unwohl, weil ich Bedenken habe, Gott zu spielen, sondern auch wegen der mangelnden Transparenz und Rechenschaftspflicht für diese ministeriellen Entscheidungen und des Fehlens von Rechtsmitteln gegen diese Entscheidungen in einigen Fällen“, so der Sozialdemokrat.

Im Fall Ðoković steht viel Geld auf dem Spiel und vielleicht ein Verlust der Ehre. Für andere, deren Akten auf dem Tisch des Ministers zur Beurteilung liegen, geht es um die Existenz. Falls ein zuvor von Bürokraten abgelehnter Antrag auf Asyl durch den Minister in letzter Instanz bestätigt wird, ist das Schicksal des Antragstellers in der Regel besiegelt. Werden sie abgeschoben, droht ihnen in den Herkunftsländern vielleicht Folter und Tod. Können sie aus diesem Grund nicht sofort deportiert werden, müssen sie in schäbigen Hotels ausharren. Im Hotel in Melbourne, in dem Ðoković untergebracht war, warten einige Internierte schon seit neun Jahren auf ihre Abschiebung.

Harte Hand gegen Schutzsuchende

Während die Minister sozialdemokratischer Regierungen das „ministeriale Ermessen“ selten nutzten, entscheiden Amtsträger der Konservativen Partei regelmäßig persönlich über das Schicksal von Antragstellern. Flüchtlingsorganisationen kritisieren, das Gesetz sei gerade unter der Regierung von Premierminister Scott Morrison zu einem wichtigen Instrument der Abschreckung von Asylsuchenden geworden – Teil der sogenannten Politik der Grausamkeit.

Morrison war jahrelang Immigrationsminister, der sich für seine harte Hand gegen Schutzsuchende gerne selbst lobte. Unter Morrison wurde die seit 1994 geltende Politik der Internierung von Bootsflüchtlingen erst in Lagern in Australien, später auf Inseln wie Nauru und Manus in Papua-Neuguinea verschärft. Offiziell war das Ziel, Nachahmer abzuschrecken.

2001 hatte Morrisons politischer Ziehvater und Ex-Premierminister John Howard mit dem Spruch „Wir entscheiden, wer in dieses Land kommt und unter welchen Bedingungen“ die Wahlen gewonnen. Dieser unerwartete Erfolg wurde fortan zum Treiber konservativer Asylpolitik. Vor ein paar Jahren urteilte die Menschenrechts-NGO Amnesty International nach der Inspektion der Pazifikinsel Nauru, man habe nicht mal in Kriegsgebieten in Syrien und Irak derart inhumane Zustände für Flüchtlinge gesehen.

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