Austragungsort der Weltklimakonferenz: Russisches Veto gegen Bulgarien
Kommendes Jahr sollen die UN-Klimaverhandlungen in einem postsowjetischen Land stattfinden. Die Kriege der Region mischen sich in die Standortsuche.
Ein solcher Konflikt hatte sich abgezeichnet: Die Nachrichtenagentur Reuters hatte im Juni über eine Mail der russischen Klimadelegation an andere osteuropäische Länder berichtet, in der sie erklärte, sie werde einen EU-Gastgeber nicht unterstützen. Die geopolitischen Auseinandersetzungen um Russlands Krieg gegen die Ukraine beeinflussen insofern auch die Verhandlungen zum internationalen Klimaschutz.
Nach den Statuten der Vereinten Nationen „wandern“ die Klimakonferenzen in einem festgelegten Turnus über den Globus. Im vergangenen Jahr fanden die Verhandlungen in Ägypten statt, also in Afrika. In diesem Jahr ist Asien an der Reihe, konkret die Vereinigten Arabischen Emirate. Am 30. November startet der Gipfel in Dubai.
Und 2024 ist turnusgemäß ein Staat aus dem ehemaligen „Warschauer Pakt“ dran – jenem Militärbündnis, das die Sowjetunion einst anführte. Eigentlich hat es sich 1991 aufgelöst. In der Welt der Klimadiplomatie besteht es noch. Afrika, Asien, Sowjetimperium, Weststaaten, Südamerika – das ist der Rhythmus der Weltklimadiplomatie.
Bewerbungen auch von Armenien und Aserbaidschan
Auch in anderen Verhandlungen der Vereinten Nationen ist das noch immer so. „Dieser Rhythmus spiegelt die Welt nach Gründung der Vereinten Nationen wider“, sagt Reimund Schwarze, Professor an der Europa-Universität Viadrina und Experte für die internationale Klimadiplomatie. Die Intervention Moskaus gegen Bulgarien zeige nun, wie geopolitische Themen seit der russischen Invasion in der Ukraine auch andere Weltprobleme beeinflussen, so Schwarze.
Dreimal hatte zuletzt Polen den Part des „Warschauer Pakts“ bei den Klimaverhandlungen übernommen: 2008 war Poznań Gastgeber, fünf Jahre später die Hauptstadt Warschau, weitere fünf Jahre später Katowice. Für die nächste „Warschauer-Pakt-Klimakonferenz“ hatten neben Bulgarien auch Armenien und Aserbeidschan eine Bewerbung als Austragungsort eingereicht.
Auch dabei schwingt allerdings die große Geopolitik mit: Die beiden transkaukasischen Länder befinden sich im Krieg. Zuletzt hatte der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan Aserbaidschan des Völkermords beschuldigt. Russland wiederum ist „Schutzmacht“ Armeniens. Die Bewerbung Armeniens um die Austragung der Weltklimakonferenz im kommenden Jahr erscheint in diesem Licht gleich doppelt pikant.
Weil sich das UN-Klimasekretariat auf keine Seite der Konfliktparteien im Krieg um die Region Berg-Karabach schlagen darf, glaubt Experte Schwarze nicht, dass Aserbaidschan oder Armenien realistische Standorte wären. Denkbar wäre eine Behelfslösung als Kompromiss: „Zur Debatte steht jetzt Konferenzausrichter Armenien am Tagungsort Bonn“, sagt Beobachter Raimund Schwarze.
In der deutschen Stadt sitzt das UN-Klimasekretariat, sie entspricht sozusagen neutralem Boden. So eine Konstellation hat es bereits 2017 gegeben: Gastgeber waren damals offiziell die Fidschi-Inseln, getagt wurde trotzdem in Bonn. Damals hatte das vor allem pragmatische Gründe: In Fidschi hätte es nicht die logistischen Rahmenbedingungen für eine derartig große Konferenz gegeben. Schwarze: „Oder es gibt ein Überspringen der UN-Regionenfolge und die Konferenz findet in Australien statt.“
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