Ausstellung der IG Metall Berlin: Viel Holz
Ein Besuch in der „Holzweg“-Ausstellung im Haus der IG Metall, mit einem weiten Schwenk in die Geschichte der Holzverarbeitung.
Dort in ihrer Berlin-Brandenburg-Sachsen-Zentrale gibt es einen IG-Metall-Eventsaal mit einem Hofgarten. Und was lag da näher als nun eine Ausstellung über Holz?
Leider sind die Waldarbeiter in der IG Bau organisiert, was einmal die Bauarbeitergewerkschaft war, die aber 1994 mit den Landarbeitern und Waldarbeitern zu einer IG BAU (Bauen Agrar Umwelt) expandierte, deren Verbandsorgan Der Säemann ist, den ich nebenbei bemerkt abonniert habe.
In der Holzfraktion der IG Metall (die ihren Namen bei der Fusion nicht in Holz-Metall änderte) sind eher die Holzveredler organisiert: die im Sägewerk Beschäftigten, die Spanplatten-, Möbel- und Fertighaushersteller, die Klavierbauer und Tischler …
„Holzweg“: IG Metall Berlin, Alte Jakobstraße 149, Mo.–Do. 9–18 Uhr, Fr. 9–14 Uhr, bis 25. September
In Brandenburg gehört das holzbearbeitende Gewerbe zu den vier wichtigsten Wirtschaftszweigen. Die Holzbildhauer aber finden sich als Selbstausbeuter nicht in der Arbeiterorganisation, obwohl sie auch Handarbeiter sind. Sie sollten allerdings nun nach dem Willen des für Holz Zuständigen den IG-Metall-Eventsaal bespielen.
Die Holzbearbeitung ging ja menschheitsgeschichtlich der Metallbearbeitung voraus. Und an sich sind die Holzbildhauer schon länger organisiert als die Holzarbeiter, zunächst in Zünften.
Mal höher geschätzt als die Malerei
Im Mittelalter war die Holzkunst höher angesehen als die Malerei, dafür war sie durchweg koloriert, erst der große Altarschnitzer Tilman Riemenschneider ließ dem Holz seine Oberfläche. Mit der Gegenreformation kam die Schnitzkunst noch einmal zu Ehren. In der Folgezeit verschwand ihre Bedeutung mehrmals, entwickelte sich aber erneut.
Der Kurator der „Holzweg“-Schau Peter Funken, der sich zur Präsentation der Holzobjekte von zwei weiteren Petern – Peter Pilz und Peter Kröning – entschied, erwähnte in seiner Rede zur Ausstellung unter anderem die Expressionisten, Barlach zum Beispiel, und zuletzt die neoexpressiven Jungen Wilden. Eines ihrer Riesenholzkunststücke – 14 Meter lang, 5 Meter hoch – bedeckt heute die Wand eines Restaurants am Gendarmenmarkt.
Diese modernen Holzkünstler arbeiten mit der Motorsäge. Ein solches großtuerisches Grobwerkzeug lehnen die beiden bei der IG Metall ausstellenden Holzbildhauer ab.
Meinen Titelvorschlag für seine Ausstellung lehnte der Kurator ab: „In Memoriam Annelotte Höge“, meine Mutter, die eine Holzbildhauerin war. Weil, wie Funken sagte, sie ja später als Tonbildhauerin gearbeitet hätte. Stattdessen griff er tief in die Nazi-Philosophiegeschichte – und lässt einen Heideggertitel von 1950 anklingen: „Holzwege“.
Das ist ein Nachkriegsräsonnement über die Kunst, die Wahrheit und das Leben, das so beginnt: „Holz lautet ein alter Name für Wald. Im Holz sind Wege, die meist verwachsen jäh im Unbegangenen aufhören. Sie heißen Holzwege. Jeder verläuft gesondert, aber im selben Wald. Oft scheint es, als gleiche einer dem anderen. Doch es scheint nur so. Holzmacher und Waldhüter kennen die Wege. Sie wissen, was es heißt, auf einem Holzweg zu sein.“ Ein deutscher Philosophieprofessor könnte da glatt eine Vergangenheitsbewältigung rauslesen. Der Text steht im 5. Band der Heideggerschen Gesamtausgabe 1914–1970, das aber nur nebenbei.
Ausgestorbene Holzveredler
Interessanter ist das Buch „Holz. Wie ein Naturstoff Geschichte schreibt“ des Historikers Joachim Radkau, das 2018 als Band 3 der „Stoffgeschichten“ des Wissenschaftszentrums Umwelt der Universität Augsburg erschien und in dem es unter anderem um die „Holzkultur par excellence Japan“ geht.
Uns interessieren jedoch eher die Kapitel über die ausgestorbenen Holzveredler Pottaschesieder, Pechbrenner und Köhler. Das Dasein der Letzteren, so heißt es darin, „sei durch Schlafmangel und dauernde Angstzustände gekennzeichnet“, aber jeder habe „seine eigenen Maximen, nach welcher er das Feuer dirigiert“.
Das kann man auch von den Holzkünstlern sagen. Um die Lebensbedingungen der armen Rhönbauern und -köhler zu verbessern, die im Winter vom Löffel- und Holzschuhschnitzen lebten, was dann in den Gefängnissen billiger geschah, gründete man dort zwei Holzschnitzschulen, die eine befindet sich heute im Osten (in der thüringischen Rhön) und die andere im Westen (in der bayerischen Rhön), wo man nach dem Krieg keine Bauernsöhne, sondern eher oft auch uneheliche Söhne etwa von Bardamen aufnahm.
Hier wie dort arbeitet man gerne für die katholische Kirche oder gleich den Vatikan, einige Bildhauer haben sich mit einer computerisierten Schnitzmaschine für ihre Heiligenstatuen selbstständig gemacht. Die Studenten in den beiden Holzbildhauerschulen schnitzen aber am liebsten Tiere mit ironischem Zusatz. Höchstens auf internationalen Holzbildhauersymposien, die es auch in der Rhön schon gab, greifen sie zu Motorsägen.
Peter Pilz kaufte in Ungarn die Stämme einer gefällten Apfelbaumplantage und machte daraus im Burgenland eine unbegehbare Vollholzscheune – also Kunst, in der „Holzweg“-Ausstellung ist davon ein aufgesockeltes Modell aus Kirschholz zu sehen. Peter Kröning stellt gleich acht kindergroße Skulpturen aus, die auf naturalistische Weise farbige Wesen, halb Mensch, halb Tier, darstellen. Wenn eine Plastik „Der große Bruder“ heißt, dann meint er das auch so. Er benutzt unter anderem Linde, Ahorn und Götterbaum.
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