Ausstellung „Fan.tastic Females“: Frauen entern die Kurve
Das FC-St.-Pauli-Museum zeigt eine Ausstellung über weibliche Fußballfans. Sie soll die Vielfalt dieser Fankultur sichtbar machen.
![Frauen mit Bengalos in einer Fankurve. Frauen mit Bengalos in einer Fankurve.](https://taz.de/picture/2959903/14/Alexander_Berthold-2.jpeg)
Immer wieder steht der kurdische Verein auch im Zentrum politischer Auseinandersetzungen. Als Ex-St.-Pauli-Spieler Deniz Naki für den Amed SK spielte und einen Sieg den Opfern des türkisch-kurdischen Konflikts widmete, belegte der türkische Fußballverband (TFF) ihn zunächst mit einer Sperre für zwölf Spiele. Mittlerweile ist Naki auf Lebenszeit gesperrt.
Wegen Fangesängen, die angeblich „ideologische Propaganda“ enthielten, verbot der TFF den Amedspor-Fans lange den Besuch von Auswärtspartien. „Unser einziger Wunsch ist, dass Amedspor die Meisterschaft gewinnt, um damit ein Zeichen zu setzen gegen all die Ungerechtigkeiten, die uns widerfahren“, sagt Tanrıverdi.
Es sind die Geschichten von Frauen wie Tanrıverdi, die die BesucherInnen der Ausstellung „Fan.tastic Females“ derzeit im Hamburger Millerntorstadion kennenlernen. „Frauen haben schon lange einen Platz im Fußball“, sagt Antje Grabenhorst, Bildungsreferentin und eine der Macherinnen. „Das wird aber oft nicht sichtbar.“
Antje Grabenhorst, Ausstellungsmacherin
Die Ausstellung soll das ändern und die „Diversität und Farbenfreude weiblicher Fankultur sichtbar machen“, so Grabenhorst. Noch bis zum 22. September ist sie beim FC St. Pauli zu Gast und wird von Vorträgen und Diskussionsrunden begleitet. Im Anschluss zieht sie weiter ins Volksparkstadion.
Schon Anfang des 20. Jahrhunderts organisierten sich Frauen in Vereinen und Verbänden – inoffiziell und gegen großen, vor allem männlichen Widerstand. Frauen gehörten an den Herd, nach Hause zu den Kindern und nicht auf den Fußballplatz, lautete meist die Begründung. Erst seit Anfang der 1970er-Jahre erlaubten europäische Vereine auch Frauen das Fußballspielen offiziell.
Seit Januar 2018 dürfen Frauen auch in Saudi-Arabien einige Stadien betreten. Damit ist der Iran heute das einzige Land, in dem weiblichen Fans der Zutritt weiterhin verwehrt wird. Und obwohl sie auf den Tribünen weltweit immer mehr Platz einnehmen, werden Fanfrauen oft nicht als relevante Gruppe wahrgenommen. So mussten die Macherinnen der Ausstellung erfahren, dass in vielen Ländern keine Zahlen zum Anteil weiblicher Fans in den Stadien erhoben werden.
„Die Geschichtsschreibung im Fußball wird von Männern dominiert“, sagt Grabenhorst. Sie selbst ist Anhängerin von Werder Bremen und dort in der Fanszene aktiv. „Frauen werden oft einfach vergessen, wenn von Fans gesprochen wird,“ sagt sie. Mit fast 80 Videoporträts und rund acht Stunden Film rückt die Ausstellung Frauen aus ganz Europa nun in den Mittelpunkt.
Bis Sa, 22.9., Hamburg, FC-St.-Pauli-Museum
Weitere Stationen: HSV-Museum (24. 9.–6. 10.), Freizeitheim Linden/Hannover (8.–13. 10.), Museum Bremen (23. 10.–2. 11.)
Zum Beispiel die Norwegerin Karen Espelund, die sich lange für den norwegischen Frauenfußball engagierte und 2012 als erste Frau ins UEFA-Exekutivkomitee berufen wurde. Oder die Belgierin Katriene Van der Borght, die von ihrem Ex-Freund mit ins Stadion genommen wurde, weil Frauen am Muttertag kostenloser Eintritt gewährt wurde. Seit der Trennung geht sie regelmäßig ins Stadion und schenkt dort Bier aus. Es sind Frauen, die in eine Fußballwelt hineingeboren wurden, Frauen, die bei Ultras aktiv sind oder Frauen, die sich in Vereinen und Netzwerken engagieren.
Die Porträts sind das Herzstück der Ausstellung. Sie können via QR-Code auf dem eigenen Tablet oder Handy, mit einem Ticketcode später auch zu Hause angeschaut werden. „Wir sind ein Jahr lang jeden Monat in ein anderes Land gereist, um die Fanfrauen zu treffen“, sagt Grabenhorst.
„Fan.tastic Females“ entstand über einen Zeitraum von fast zwei Jahren und wurde durch FörderInnen und Crowdfunding finanziert. Die Ausstellung informiert auch ausführlich über die Geschichte von Frauen im Fußball weltweit. „Wir haben sehr viel Zeit in das Projekt investiert“, sagt Grabenhorst. „Weil wir so sehr daran geglaubt haben.“
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