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Ausstellung „Apropos Sex“Heute mal sexpositiv

Die Ausstellung „Apropos Sex“ im Museum für Kommunikation lädt dazu ein, unser Denken und Reden über Sexualität entspannt zu reflektieren.

Verboten? Eher nicht. Ein Exponat in der Schau „Apropos Sex“ Foto: C. Prößer

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Claudius Prößer aus Berlin

taz | „Dies ist keine Ausstellung über Sex. Es ist eine Ausstellung über Kommunikation über Sex“, sagt Anja Schaluschke, Direktorin des Museums für Kommunikation an der Leipziger Straße, am Ende des Presserundgangs. Das überrascht erst einmal, schließlich hat man gerade einen Parcours im zweiten Stock des wilhelminischen Prunkbaus absolviert, bei dem es um Körper, Lust und Genitalien, Penisse und Vulven, kinky Outfits und Auberginen-Emojis geht.

Aber es stimmt schon: Die vom Frankfurter Museum für Kommunikation entwickelte Schau „Apropos Sex“ thematisiert in erster Linie, wie wir als Individuen und als Gesellschaft über Sexualität sprechen – oder wie wir sie verbildlichen. In den vergangenen hundert Jahren habe sich das stark verändert, sagt die Ko-Kuratorin Anabelle Hornung, darauf habe man den Fokus legen wollen.

Bei der Ausstellung, die ein Jahr in Berlin bleiben wird und sich besonders an Jugendliche richtet, handelt es sich quasi um eine Art Anti-„Venus“. Geht es bei der Berliner „Erotikmesse“ immer um den Versuch, Erregung zu erzeugen (und zu kommerzialisieren), thematisiert „Apropos Sex“ Intimität, ohne im Entferntesten schmierig daherzukommen.

Das Ausstellungs-Design ist hell, bunt und rund und verzichtet weitestgehend auf explizite fotografische Darstellungen. Geschlechtsorgane, irgendwie dann ja doch die ProtagonistInnen beim Thema Sex, gibt es trotzdem jede Menge – gezeichnet oder sogar in Plüsch. Und natürlich fehlt es nicht am entsprechenden Vokabular, über das man reflektieren kann und soll, von „Schnackseln“ bis „Zirklusion“.

Selfies und Assistenzkoffer

Der Rundgang führt durch Bereiche, die historische und aktuelle Aufklärungsmaterialien aus Ost und West ebenso greifbar machen wie die selbstbestimmte Suche nach der eigenen sexuellen Identität. So können sich die BesucherInnen spaßeshalber große Labels von „asexuell“ wie „sexpositiv“ um den Hals hängen und vor eine Selfiekamera treten oder erkunden, was so alles im Zubehörkoffer für Sexualassistenz steckt.

Dass sich das junge Zielpublikum in der Abteilung „Grenzziehung“ niederlässt, um in den ausgelegten Exemplaren des StGB zu schmökern, darf bezweifelt werden. Die Abteilung zu Rechten und Verboten sollte bei Schulklassen trotzdem für Diskussionsstoff sorgen: Was betrachten wir als zulässig, was nicht, und wie verändert sich das im Laufe der Zeit? Das Beispiel des Prostituiertenschutzgesetzes zeigt, dass hier längst nicht alles ausdiskutiert ist.

Zwei Themenfelder habe das kuratorische Team ausgespart, weil sie – aus unterschiedlichen Gründen – sehr kontrovers seien, so Hornung: Reproduktion und Religion. Tatsächlich fällt auf, dass die Perspektive fast ausschließlich eine (kulturell) weiße ist. Das sei auch konsequent so, sagen die anwesenden Kuratorinnen, schließlich sei ihr Team genderdivers, aber weiß. Vielleicht ändert sich ja das nächste Mal schon bei der Teamfindung etwas.

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