Außenhandel der USA: Wo die Globalisierung nicht stattfand
Donald Trump hat sich wohl verschätzt: Exporte spielen für die US-Wirtschaft dank des riesigen Binnenmarkts kaum eine Rolle.
Damit überschätzt der president elect die Rolle des Außenhandels gewaltig – zumindest für die Vereinigten Staaten. Denn ausgerechnet die nehmen an der Globalisierung kaum teil: Der US-Warenexport macht ganze 7,7 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung aus; die Importe kommen immerhin auf 11,9 Prozent. Die USA sind wie ein eigener Kontinent. Mit etwa 320 Millionen Einwohnern ist der Binnenmarkt riesig – und auf Handelspartner kaum angewiesen.
Doch Details wie diese kümmern Donald Trump nicht. Er hat zwei Hauptfeinde ausgemacht: Mexiko und China. Mit Mexiko (und Kanada) gibt es seit 1993 das Freihandelsabkommen Nafta, das den grenzüberschreitenden Handel tatsächlich enorm belebt hat. Allein zwischen Mexiko und den USA werden jährlich Waren im Wert von rund 500 Milliarden Dollar ausgetauscht.
Aber wie viele Jobs hat Nafta in den USA gekostet? Dazu gibt es inzwischen diverse Studien, die zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Das Economic Policy Institute, das zu einem Viertel von den amerikanischen Gewerkschaften finanziert wird, hat 2014 errechnet, dass 851.700 Stellen in den USA durch Nafta verloren gegangen seien.
„Keine großen Jobverluste“
Der parteiunabhängige Forschungsdienst des amerikanischen Kongresses kommt hingegen zum Schluss: „Nafta hat nicht die enormen Jobverluste verursacht, die die Kritiker befürchtet haben. Aber es kam auch nicht zu den wirtschaftlichen Gewinnen, die die Unterstützer vorhergesagt haben.“
Der Forschungsdienst musste allerdings zugeben, dass es in einigen Branchen zu Stellenverlusten kam, vor allem in der Auto- und Elektroindustrie. Es ist daher kein Zufall, dass sich Trump jetzt werbewirksam für die Stellen bei Ford einsetzt.
Umgekehrt gibt es aber auch Branchen, die von Nafta profitiert haben. Dazu gehören die US-Bauern, die ihren subventionierten Mais jetzt nach Mexiko liefern können – und dort viele Bauern arbeitslos gemacht haben. Insgesamt hängen in den USA sechs Millionen Stellen vom Handel mit Mexiko ab.
Auch für den Handel mit China gilt, dass es zwar Stellenverluste gab – aber vor allem in der Vergangenheit. Inzwischen gehören die Chinesen zu den besten Kunden der USA und sorgen für neue Arbeitsplätze.
Angesichts der geringen Bedeutung des Außenhandels ist die seit Jahrzehnten stagnierende Binnennachfrage für die Jobbilanz umso entscheidender. Seit 1975 sind die mittleren Reallöhne nicht mehr gestiegen – woran Donald Trump als Präsident auch nichts ändern will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste