Ausländische Regierungsvertreter: Thronfolger plant Auftritte in Berlin
Die Bundesregierung hat keine Handhabe gegen Treffen des britischen Prinzen mit seinen Anhängern. Obwohl sie die Regeln erst kürzlich verschärft hat.
taz | Der britische Thronfolger William Mountbatten-Windsor will seine dreitägige Deutschlandreise offenbar auch für Auftritte vor seinen Anhängern nutzen. Medienberichten zufolge trifft sich der Prinz zunächst am Mittwochmittag am Brandenburger Tor mit Unterstützern. Am Abend wird er dann im Garten der Residenz des britischen Botschafters in Berlin-Grunewald vor Landsleuten sprechen. Da das Gelände der diplomatischen Immunität unterliegt, können deutsche Sicherheitsbehörden dort nicht eingreifen.
Eine Neuregelung, die die Bundesregierung Ende Juni erlassen hatte, greift in diesem Fall nicht. Das Auswärtige Amt hatte damals eine Verbalnote an alle in Deutschland akkreditieren Diplomaten versandt. In dem Schreiben stellte das Ministerium klar, dass Auftritte ausländischer Regierungsvertreter vor in Deutschland lebenden Landsleuten einer Genehmigung der Bundesregierung bedürfen. Drei Monate vor Wahlen und Abstimmungen sollen entsprechende Genehmigungen grundsätzlich nicht mehr erteilt werden.
Durch die Regelung will die Bundesregierung verhindern, dass innenpolitische Konflikte anderer Länder nach Deutschland hineingetragen werden. Anlass für die Verschärfung war der Wunsch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, nach seinem Besuch beim G20-Gipfel auf einer Veranstaltung in Deutschland aufzutreten.
Mountbatten-Windsor, ein ehemaliger Militäroffizier, profitiert jedoch von einer Ausnahmeregelung. Laut Auswärtigem Amt gelten die neuen Auflagen „ausdrücklich nicht für unsere Partner in der Europäischen Union“. Der britische Thronfolger unterliegt während seiner Reise also keinen verschärften Vorschriften.
Der Deutschland-Besuch des Prinzen war laut der britischen Botschaft schon vor der Brexit-Entscheidung in Planung. Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU könnten Auftritte in Deutschland allerdings deutlich schwieriger werden. Beobachter werten die Reise daher als Versuch, ein letztes Mal um Unterstützung unter den rund Hunderttausend in Deutschland lebenden Briten zu werben.
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