Auskunftsrechte von Journalisten: Medien wollen mehr
Journalisten, Verlage und Sender fordern vom Bundestag endlich ein Presseauskunftsgesetz. Denn seit 2013 besteht dort eine Lücke.
Ein breites Medienbündnis fordert vom Bundestag, endlich ein Presseauskunftsgesetz auf Bundesebene zu schaffen. Das Bündnis unterstützt dabei Anträge von Grünen und FDP. Deren Ablehnung käme einer „Missachtung journalistischer Arbeit“ gleich, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung.
Dem Bündnis gehören neben den Journalistengewerkschaften und den Verlegerverbänden auch das Netzwerk Recherche, der Deutsche Presserat, der Verband privater Medien sowie ARD und ZDF an. Ihre gemeinsame Parole: „Medienauskunftsgesetz jetzt!“
Die Lücke, die ein derartiges Gesetz schließen soll, besteht seit 2013. Bis dahin galt für Medienanfragen an Bundesbehörden das Pressegesetz des jeweiligen Bundeslandes, in dem die Behörde ihren Sitz hatte. Für Anfragen an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Zirndorf galt zum Beispiel das bayerische Pressegesetz.
Völlig überraschend stellte jedoch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig 2013 fest: Für Presseauskünfte gegen Bundesbehörden ist ein Bundesgesetz erforderlich. Ohne ein entsprechendes Bundesgesetz gelte nur ein „Minimalstandard“, der unmittelbar aus dem Grundrecht auf Pressefreiheit abzuleiten sei. Seit 2013 wird deshalb über die Einführung eines entsprechenden Bundes-Presseauskunftsgesetzes diskutiert.
Bundes- oder Landessache?
Die Sache verkomplizierte sich, als bei einer ersten Sachverständigenanhörung mehrere Rechtsprofessoren behaupteten, der Bundestag dürfe gar kein derartiges Gesetz beschließen, denn Presserecht sei Landessache. Auch die Hoffnung, das Bundesverfassungsgericht werde den Kompetenzstreit klären, zerschlug sich 2015. Karlsruhe löste den damaligen Fall, ohne Klarheit in der Kompetenzfrage zu schaffen.
Derzeit liegen dem Bundestag zwei konkrete Initiativen vor. Die Grünen haben 2018 einen Gesetzentwurf eingebracht, dazu kommt ein Antrag der FDP. Beide wollen Journalisten einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft gegenüber Bundesbehörden und Bundesministerien garantieren. Es soll aber auch die aus den Landesgesetzen bekannten Ausnahmen geben, etwa wenn „öffentliche Interessen“ überwiegen oder „schutzwürdige Interessen Dritter“ entgegenstehen.
Der Innenausschuss des Bundestags hat Ende September mit den Stimmen der Großen Koalition empfohlen, dass das Bundestagsplenum beide Initiativen ablehnen soll. Auf eine Begründung wurde verzichtet. Dies könnte daran liegen, dass sich die Regierungskoalition uneinig ist.
Die SPD ist eigentlich für ein Gesetz. Sie hat sogar schon einen eigenen Entwurf für ein „Medieninformationszugangs- und -auskunftsgesetz“ in der Schublade. Allerdings konnte sich die SPD bisher nicht gegenüber dem Koalitionspartner CDU/CSU durchsetzen. Der medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Martin Rabanus schloss sich deshalb ausdrücklich den Forderungen des Medienbündnisses an den Bundestag an.
Eine Auskunftspflicht gibt es auch jetzt schon
Das Fehlen eines Gesetzes hat bisher allerdings keine dramatischen Folgen. Das Bundesverwaltungsgericht garantiert den direkt aus dem Grundgesetz folgenden Auskunftsanspruch der Presse. Behörden des Bundes sind also auch jetzt grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet. Inzwischen ist in Leipzig auch nicht mehr von einem „Minimalstandard“ die Rede, vielmehr geht das Gericht jetzt vom gleichen Standard aus wie die Landespressegesetze.
Erst im Oktober verfügte das Bundesverwaltungsgericht auf dieser Grundlage, dass der Berliner Journalist Jost Müller-Neuhof (Tagesspiegel) Informationen über Hintergrundgespräche des Bundesnachrichtendienstes erhält. Allerdings gehen die Initiativen von Grünen und FDP teilweise über den üblichen Standard hinaus. So soll es neben der Auskunftspflicht der Bundesbehörden auch noch ein Akteneinsichtsrecht für Journalisten geben.
Dies würde die Recherchemöglichkeiten verbessern. Zwar gibt es solche Einsichtsrechte schon aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes. Presserechtliche Ansprüche wären aber stärker, zum Beispiel weil sie auch gegenüber Geheimdiensten gälten.
Auch das breite Medienbündnis äußert nun Zusatzwünsche wie ein Akteneinsichtsrecht oder ein praxistaugliches Eilverfahrensrecht. Vielleicht liegt in solchen Verbesserungen sogar das Hauptinteresse an einem neuen Gesetz.
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