Ausgangssperre in Südsudan nach Unruhen: Der Krieg in Sudan erreicht Südsudan
Südsudan hängt ökonomisch von Sudans Regierung ab, insbesondere im Ölsektor. Aber es hat sich politisch mit der aufständischen RSF-Miliz verbündet.
Nach amtlichen Angaben vom Samstag gab es landesweit 12 Tote, 9 davon in der Stadt Aweil. In Juba seien 13 Plünderer durch Polizeischüsse verletzt worden, Hunderte Sudanesen flohen in Polizeiquartiere.
Zuvor war bekannt geworden, dass 29 Südsudanesen in der sudanesischen Stadt Wad Madani ermordet worden waren. Wad Madani am Nil, südlich von Sudans Hauptstadt Khartum, Hauptstadt der Agrarprovinz Gezira, war im Dezember 2023 von der aufständischen Miliz RSF (Rapid Support Forces) erobert worden und wurde am 10. Januar 2025 von Sudans Armee zurückerobert.
Nach der Rückeroberung gab es verbreitete Übergriffe gegen afrikanische Ausländer in der Stadt, denen man unterstellte, RSF-Söldner zu sein. Südsudans Präsident Salva Kiir sprach am Freitag von „unmenschlichen barbarischen Tötungen unschuldiger südsudanesischer Zivilisten, mutmaßlich durch die sudanesischen Streitkräfte“. Dies hole „schwierige, traurige und emotionale Erinnerungen zurück“.
Südsudan erkämpfte sich einst die Freiheit von Sudan
Damit spielte er auf Südsudans leidvolle Geschichte an. Das schwarzafrikanische Südsudan spaltete sich 2011 vom mehrheitlich arabischen Sudan ab. Die Unabhängigkeit hatte die Rebellenbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) in einem jahrzehntelangen Befreiungskrieg erkämpft. Südsudans heutiger Präsident Salva Kiir war einst SPLA-Guerillaführer.
Nach Südsudans Unabhängigkeit wurden Hunderttausende Südsudanesen aus Sudan verjagt. Als das unabhängige Südsudan 2013 im Bürgerkrieg versank, weil sich Präsident Salva Kiir mit seinem Vizepräsidenten Riek Machar zerstritten hatte, flohen viele wieder zurück nach Sudan.
Südsudans Bürgerkrieg ist nun halbwegs beendet, aber 2023 versank Sudan seinerseits im Bürgerkrieg zwischen Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der die Armee führt, und Vizepräsident Mohamed Hamdan Daglo, der die paramilitärische RSF-Miliz führt. Sudans Krieg hat Hunderttausende Tote und über 10 Millionen Vertriebene produziert, und nun fliehen Menschen wieder nach Süden.
Am Tropf der Ölpipeline nach Port Sudan
Der Krieg in Sudan hat Südsudan in eine schwere Krise gestürzt. 90 Prozent der Staatseinnahmen kommen aus Südsudans Ölexport, der über zwei Pipelines durch Sudan nach Port Sudan am Roten Meer läuft.
Eine Pipeline wurde im Februar 2024 bei Kämpfen beschädigt und eine Pumpstation nahe Khartum von der RSF eingenommen, woraufhin Sudans Regierung Force majeure erklärte und die Durchleitung von Südsudans Öl suspendierte. Das erzwang die Stilllegung der Ölfelder Südsudans.
Erst am 4. Januar 2025 hob Sudans Regierung die Force majeure wieder auf, seit knapp zwei Wochen fließt wieder Öl – aber nur 90.000 Barrel täglich statt 140.000 wie vor dem Krieg. Zwischenzeitlich ist mangels Devisen Südsudans Landeswährung abgestürzt und die Bevölkerung verarmt, während zugleich über 800.000 Flüchtlinge aus Sudan ins Land kamen.
Im September 2024 wurden fällige Wahlen von Ende 2024 auf Ende 2026 verschoben und die UNO konstatierte im Oktober, der Friedensprozess stehe vor dem Zusammenbruch.
Bündnisse mit der RSF und den Arabischen Emiraten
Von Sudans Regierung fallengelassen, schloss Südsudans Regierung im November 2024 mit der RSF einen Deal, wonach die Miliz die Pipeline schützen soll. Es war wohl kein Zufall, dass kurz darauf Sudans Armee mit ihrer Offensive gegen die RSF am Nil begann und dabei eben auch Wad Madani zurückeroberte.
Die dortige Bevölkerung begrüßte die Rückkehr der Armee und es wurden Massaker durch die RSF bekannt. Die Wut vieler Sudanesen auf die RSF richtete sich folglich auch auf Südsudan.
Das Bündnis zwischen Südsudan und RSF hat auch ökonomische Gründe. Laut UN-Ermittlungen vereinbarte Südsudan Ende 2023 beim Weltklimagipfel in Dubai mit einer Firma aus den Vereinigten Arabischen Emiraten einen 12-Milliarden-Dollar-Kredit über zwanzig Jahre, rückzahlbar in Öl. Die Emirate gelten als Hauptwaffenlieferant der RSF.
Sudans Regierung hat damit ein offensichtliches Interesse daran, Südsudan zu destabilisieren. Im Rahmen der Kämpfe in Sudans grenznahen Nilprovinzen haben die Flüchtlingsströme nach Südsudan bereits massiv zugenommen. Und Gewalt in den Flüchtlingslagern auch, da erst Regierungssoldaten und dann RSF-Milizionäre auf der Flucht Südsudan erreicht haben sollen.
Derweil dauern schwere Kämpfe außerhalb von Wad Madani an.
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