Ausbleibende nukleare Abrüstung: Trump strauchelt in Nordkorea
Die US-Regierung widerspricht sich bei ihrer Nordkoreapolitik. Trump gibt China die Schuld an der ausbleibenden Denuklearisierung.
SEOUL taz | In den letzten Wochen ist überdeutlich geworden, dass Nordkoreas Denuklearisierungsprozess ins Stocken geraten ist, bevor er überhaupt ernsthaft angefangen hat. US-Präsident Donald Trump gibt China den Schwarzen Peter: Peking sei schuld an dem Debakel, da es mit seiner Lockerung der UN-Sanktionen den Druck auf Nordkorea konterkariere.
Rückblick: Nachdem Pjöngjang Washington gewarnt hatte, dass die gemeinsamen Verhandlungen scheitern könnten, sagte Trump kurzerhand die für letzte Woche geplante Nordkoreareise seines Außenministers Mike Pompeo ab. Zugleich machte Trump deutlich, dass seine Beziehung zu Kim Jong Un weiter bestens sei. Er glaube vielmehr, dass Nordkorea unter Druck Chinas stehe. Peking wolle sich nämlich für den US-Handelskrieg rächen.
China wies dies unverzüglich als „Verdrehung der Fakten“ zurück. Die USA sollten vielmehr Selbstreflexion betreiben und nicht die Schuld bei anderen suchen.
In der Tat hat Pjöngjang möglicherweise einen berechtigten Grund, sich von Washington hintergangen zu fühlen. Laut einem Bericht des Onlinemediums Vox habe nämlich Trump bei seinem Treffen mit Kim Jong Un in Singapur am 12. Juni eigenhändig versprochen, unmittelbar einen Friedensvertrag zur Beendigung des Koreakriegs zu unterzeichnen.
USA pochen auf Abrüstung zuerst
Seither jedoch haben die USA stets darauf gepocht, dass Nordkorea zunächst sein Atomarsenal vollständig und nachprüfbar abrüstet.
Fast alle Nordkorea-Experten der US-Denkfabriken dürften sich nun bestätigt fühlen: Unisono hatten sie damals vor unkoordinierten Alleingängen und falschen Versprechungen des Präsidenten gewarnt. Überhaupt hielten sie ein Gipfeltreffen nur als Resultat eines langwierigen Prozesses für zielführend, nämlich nachdem die grundlegenden Details über einen Abrüstungsplan mit Nordkorea ausgehandelt worden seien.
Doch Trump hat das Pferd von hinten aufgezäumt: Zuerst hat er den Deal eingeheimst – und nun hat er sich in den Details verheddert.
Widersprüchliche Äußerungen zu Militärmanövern
Wie unabgesprochen Trump mit seiner eigenen Regierung agiert, zeigte sich jetzt wieder: Am Mittwoch deutete US-Verteidigungsminister Jim Mattis an, dass man die Militärmanöver mit Südkorea nach einer Pause bald wieder fortsetzen werde. Das Kim-Regime wertet die Übungen als Kriegserklärung. Am Donnerstag jedoch widersprach Trump, dass es derzeit keinen Grund gebe, die Manöver fortzusetzen.
Dabei könnte der Zickzackkurs auch Kalkül im Vorfeld des nächsten innerkoreanischen Gipfels sein, der für Ende September in Pjöngjang angesetzt ist.
Die Regierung in Südkorea reagiert jedenfalls unbeeindruckt: Ob die US-Manöver nun pausieren oder fortgesetzt werden, sei zwischen den Verbündeten auszudiskutieren. Dies sei noch nicht geschehen, heißt es aus dem Verteidigungsministerium.
Höheres Militärbudget im Süden für weniger Wachposten
An dessen Spitze hat Präsident Moon Jae-in am Donnerstag den Generalstabschef und ehemaligen Luftwaffenpiloten Jeong Kyeong Doo beordert – und ihm für nächstes Jahr einen 8 Prozent höheren Etat gegeben. Säbelrasseln ist das jedoch nicht: Ein Teil des Budgets wird dafür verwendet, die Zahl der Wachposten in der entmilitarisierten Zone zu reduzieren.
Moon hat wiederholt deutlich gemacht, dass er die wirtschaftliche Kooperation mit Nordkorea forcieren werde. Kritiker sehen dies nicht nur als Affront gegen die USA, sondern auch als einen Paradigmenwechsel: Nicht mehr die Denuklearisierung stehe an erster Stelle, sondern die friedliche Annäherung.
Eine andere Lesart klingt plausibler: Seoul zeigt dem Norden die Zukunftsvision von wachsendem Wohlstand auf – damit das dortige Regime seinen Weg der Annäherung und Abrüstung weiterverfolgt.
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