Ausbau der Autobahn A100: Mieter gehen vor Gericht
AnwohnerInnen der Autobahn in Treptow-Köpenick wollen Entschädigungen, weil ihre Häuser und Gärten dem A100-Ausbau weichen mussten.
Sechs Mietparteien aus der Beermannstraße 20-22 im Bezirk Treptow-Köpenick müssen auch fünf Jahre nach ihrer Enteignung noch immer um eine Entschädigung kämpfen: Sie sollten ihre Wohnungen verlassen, weil die Häuser für den Weiterbau der Stadtautobahn A100 abgerissen werden sollten.
Die MieterInnen hatten sich über mehrere Monate geweigert, ihre zum Teil sanierten Wohnungen zu räumen, und wurden dabei von der Umweltorganisation Robin Wood und der Treptower Stadtteilinitiative Karla Pappel unterstützt. Sie protestierten dagegen, dass gut erhaltener Wohnraum sowie zahlreiche Gärten für den Bau einer Autobahn verschwinden sollen. Doch verhindert werden konnte der Abriss der Häuser nicht. Im Februar 2015 verließen die letzten MieterInnen der Beermannstraße ihre Wohnung. Zuvor hatten sie mit der von der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt beauftragten Enteignungsbehörde großzügige Entschädigungen ausgehandelt.
Die Vereinbarung sah vor, dass den MieterInnen die Differenz zwischen den günstigen Mieten in der Beermannstraße und den künftigen Mieten für die Dauer von 191 Monaten aus Bundesmitteln erstattet werden soll. Auch die Kaution für die Ersatzwohnungen und die Anwaltskosten der MieterInnen sollte aus Bundesmitteln übernommen werden. Der Bund sollte für die Kosten zuständig sein, weil er für den Autobahnbau zuständig ist und auch Druck auf den Berliner Senat ausgeübt hatte, den Weiterbau der Trasse trotz Protesten bei Linken, Grünen und Teilen der SPD fortzusetzen.
Die Entschädigungen für die vertriebenen MieterInnen wollte das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur allerdings nicht zahlen. Am Donnerstag findet deshalb vor dem Verwaltungsgericht Berlin eine erste Verhandlung statt: Die vom Bund beauftragte Anwaltskanzlei White und Case klagt gegen die Enteignungsbehörde des Landes Berlin. Verliert sie, sind die MieterInnen der Beermannstraße die Leidtragenden.
Statt einer Entschädigung für die enteigneten Wohnungen zu bekommen, müssten sie dann womöglich noch für Prozesskosten aufkommen „Wir ehemaligen MieterInnen, die ohnehin wenig Geld und noch weniger Zeit haben, um uns entsprechende juristische Expertise zu holen, werden von aus Steuergeldern bezahlten AnwältInnen mürbe gemacht“, erklärt Benjamin S., einer der letzten MieterInnen der Beermannstraße 20, gegenüber der taz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe