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Aus der Hose, in die Hose

Wenn Schauspieler und andere Fernsehnasen singen, ist das nicht nur unfreiwillig komisch. Sondern meistens auch noch richtig fies. Eklige Beispiele aus dem Hier und Jetzt: Die Tonträger von „Riverboat“-Queen Kim Fisher und Teenie-Talker Andreas Türck

von MARTIN WEBER

Es ranken sich einige ungeklärte Fragen um Kim Fisher. Diese hier zum Beispiel: Warum moderiert die schmerzhaft talentfreie 32-Jährige im Fernsehen? Wieso heißt eine der von ihr präsentierten Sendungen „Die große Show der Sieger“, wenn ebendort so ausgemachte Doofmützen wie Naddel, Jenny Elvers und die Befindlichkeits-Jammerlappen Pur geehrt werden? Und vor allem: Wo um Himmels willen ist das „C“ aus ihrem Nachnamen abgeblieben? Doch all diesen Rätseln zum Trotz: Drei Dinge sind in Bezug auf Kim Fisher sonnenklar.

Erstens: Eigentlich heißt die Frau Kerstin Poetke. Zweitens: Kerstin Poetke hat als Kim Fisher schon zwei CDs vollgesungen. Die heißen „Sein“ und „Jetzt“, und darauf zu hören sind so verheißungsvolle Titel wie „Vorspiel“ (1 & 2!) und „Will ich oder will ich es nicht.“ Drittens: Kerstin Poetke hat auch noch eine dritte CD fabriziert. „Follow Me“ heißt die, und wem jetzt Böses schwant, der liegt goldrichtig.

Nicht genug damit, dass der Titelsong eine glibberglitschige, pseudo-erotische Coverversion von Amanda Lears Disco-Stöhner ist. Ungleich schlüpfriger ist das, was Kim Fisher unlängst zu ihrer Sanges-Karriere eingefallen ist. „Die Moderatorin – das ist die Kim für den Abend“, sabberte sie sich ins eigene Dekolleté, „und die Singerei – das ist die Kim für die Nacht.“ Was Kim Fisher darunter versteht, audiovisualisiert „Follow Me“ dann 11 Lieder lang. Schonungslos. „Wenn ich all das heimlich tu, was mir gefällt/ wenn die Lust mich überfällt, meine Hand mich unterhält“, schmachtet Kim Fisher in „Mond“, selbstverliebt bis zur Unkenntlichkeit. Was aber schmachtet sie genau? Eine Hymne an die Onanie? Ein Plädoyer für Vibratoren? Ein Statement für verdammt selbstbewusste Frauen? Egal. Im Booklet gibt’s dazu schwüle Fotos: Kim Fisher in rotem oder schwarzem Leder, Kim Fisher in ganz doll verruchten Stiefeln und Netzstrümpfen. Frau Fisher, so viel ist unstrittig, ist die Expertin fürs menschliche Untenrum.

Bleibt die Frage: Was treibt diese Sorte Mensch um und an? Die Notwendigkeit eines zweiten beruflichen Standbeins? Der Drang nach Karriere-Erweiterung? Notorische Geltungssucht? Möglicherweise alles drei. Sicher ist aber bei singenden Fernsehnasen eins: Sie hatten es schon schwer mit der Musik, als sie noch mit der Blechtrommel um den Christbaum liefen; ergo: Das alte Cat-Stevens-Credo „I Wanna Be A Popstar“ hatten sie bereits als Kind intus.

Selbstverständlich gilt das auch für den Mann, der in Wirklichkeit so heißt wie er im Fernsehen aussieht: Andreas Türck. Bei Pro 7 sucht der Herr der Achselschweißringe in seiner nachmittäglichen Quasselbude schon mal Frauen für Jungbauern – und jetzt singt er auch. Gitarre und Klavier hat er als Kurzer gespielt und sein Vorbild ist natürlich John Lennon. Was nichts daran ändert, dass seine Debüt-Single „Shining Star“ – das Album dazu droht demnächst– klingt, als habe er sein Leben lang nur DJ Bobo und Eiffel 65 gehört.

Aber in seinem Dilettantismus ist das alles andere als einzigartig: Heiner Lauterbach hat es schon Anfang der 90er getan. Zusammen mit der Kollegin Sabine von Maydell orgiasmierte er „Ich liebe dich“, eine deutsche Version des Klammerblues-Klassikers „Je t’aime“ – und war dabei so erotisch wie ein Eimer kaltes Wasser. Noch schlimmer trieb’s der herzschwache Altmacho dann Jahre später, als er seine damalige Matratze Jenny Elvers mit „Du bist die dickste Glocke im Kölner Dom“ ansang. Immer getreu dem Motto: Heiner geht noch, Heiner geht noch rein.

Da musste natürlich auch die notorische Katja Riemann nachlegen. Mit ihrem Frauenkreis-Rockverein „Bandits“ aus dem gleichnamigen Film hatte sie schon das wunderbare „Hobart Paving“ von Saint Etienne zertrommelt; Ende 2000 ging Frau Riemann dann mit “Nachtblende“ steil. „Deutsch als Gesangssprache ist inzwischen akzeptiert“, wusste sie zu berichten, „auch Dank des deutschen HipHop.“ Aber ja doch: Katja Riemann war schon immer eine ausgewiesene HipHop-Expertin. Betrüblich nur, dass das Album im Vergleich zu ihren profunden Kenntnissen stark abfiel. „Nachtblende“ war dann doch nichts anderes als 14 Winseleien, die nicht selten im südlichen Bereich zu orten waren: „Nimm mich nochmal“, forderte Katja Riemann in Lied acht. Wenn Erotik mit dem Gesicht und der Stimme Katja Riemanns daherkommt, kann sie auch mal nichts auslösen – Entsetzen exklusive.

Für das Booklet von „Nachtblende“ ließ sich Katja Riemann übrigens pudelnackig fotografieren. In einem Studio. Was so nicht geplant war: Ursprünglich wollte sie sich blank und bloß auf eine Straßenkreuzung legen, dem Verkehr und den Gaffern schutzlos ausgeliefert. Für zukünftige Werbemaßnahmen in Sachen Tonträger empfehlen wir das Kamener Kreuz. Denn da ist erstens ganz bestimmt auch noch Platz für Andreas Türck und Kim Fisher und zweitens rund um die Uhr mächtig was los. Wer auf viel Verkehr steht, liegt da unbedingt richtig.

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