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Aus Le Monde diplomatiqueSponsoren des Brexit

Vor dem Brexit-Referendum flossen zwei Drittel der Finanzsektor-Spenden in die „Leave“-Kampagne. Warum die Branche mehrheitlich für den Austritt war.

Viele in der Finanzbranche träumten von einem „Singapore-upon-Thames“ Foto: John Sibley/reuters

Am 24. Juni 2016 rieben sich Menschen rund um den Globus die Augen. Auf die Frage „Soll das Vereinigte Königreich Mitglied der Europäischen Union bleiben oder austreten?“, hatten 51,9 Prozent der Wähler für „Leave“ („austreten“) gestimmt.

Für viele kam dieses Resultat überraschend. War die von allen politischen Kräften verhätschelte Londoner City nicht unisono für ein „Remain“ („drin bleiben“) eingetreten? Was war passiert? War der mächtigste Finanzsektor Europas nicht mächtig genug, sich in einer so wichtigen Zukunftsfrage Gehör zu verschaffen?

In Wirklichkeit hatte sich die City zwar demonstrativ und lautstark für „Remain“ engagiert, unter diesem Deckmantel aber diskret und doch sehr energisch eine andere Kampagne geführt. Die inzwischen zugänglichen Daten der britischen Wahlkommission verraten drei interessante Fakten: Erstens gingen fast zwei Drittel der Spenden des Finanzsektors an die „Leave“-Aktivisten, während es bei der britischen Industrie weniger als die Hälfte war. Zweitens kamen 57 Prozent der Zuwendungen für die „Leave“-Kampagne aus dem Finanzsektor, beim „Remain“-Lager dagegen nur 36 Prozent.

Unternehmenskontrolle durch Hedgefonds

Und schließlich gab es in der City zwei Gruppen mit unterschiedlichen Positionen. Die eine repräsentiert die Protagonisten der „ersten Finanzialisierung“, also den traditionellen Finanzsektor: Banken, Versicherungen, Finanzberatungsfirmen, dazu institutionelle Anleger inklusive Pensionskassen. Das Akkumulationsmodell dieses Sektors besteht darin, private Sparer zu animieren, ihre Einlagen kurzfristig am Aktienmarkt zu investieren. Bei dieser Art Wertschöpfung streben die Investoren keine Kontrolle über die Unternehmen an, deren Anteile sie erwerben. Diese Kontrolle überlassen die „passiven“ Anleger vielmehr dem Management des Unternehmens.

LMD Juni 2021

Dieser Beitrag stammt aus der Juniausgabe von Le Monde diplomatique, mehr Informationen über die große Monatszeitung für internationale Politik unter www.monde-diplomatique.de. Die nächste Ausgabe erscheint am 8. Juli separat am Kiosk und am 9.Juli mit der taz.

Die andere Fraktion besteht aus den Protagonisten der „zweiten Finanzialisierung“ wie Private-Equity-Unternehmen und Hedgefonds. Diese treiben, anders als die traditionellen Akteure, private Anlagegelder ein, um sie mittelfristig in nicht börsengehandelte Anteile von Unternehmen zu investieren, deren Kontrolle sie übernehmen. Ihr Geschäftsmodell ist insofern „alternativ“, als es relativ unabhängig von der Entwicklung der Aktienmärkte ist.

Betrachtet man die Finanzierungsquellen der beiden Kampagnen, ergibt sich ein klares Bild: Das „Remain“-Lager wurde weitgehend von den Protagonisten der ersten Finanzialisierung subventioniert, die „Leave“-Kampagne dagegen von denen der zweiten Finanzialisierung (mit etwa 94 Prozent des Spendenvolumens).

Das Buch

Die Soziologen Marlène Benquet und Théo Bourgeron haben das Buch „La Finance autoritaire. Vers la fin du néolibéralisme“, Paris (Raisons d’agir) 2021, verfasst. Dieser Text ist ein Auszug daraus.

Von kritischen Ökonomen wird die EU oft als institutionalisierter Hort des Neoliberalismus beschrieben, als Vehikel, um die Völker im Interesse der Finanzwirtschaft ihrer Souveränität zu berauben. Doch dieser Rahmen, der dem europäischen Finanzsektor beste Operationsbedingungen bietet, ist den Protagonisten der zweiten Finanzialisierung längst zu eng geworden. Sie versprechen sich vom Brexit, dass sie künftig nach Belieben investieren können, ohne durch die als zu streng empfundene Brüsseler Finanzaufsicht eingeengt zu werden.

Ein Singapur an der Themse

Diese Fraktion des Finanzsektors hat es darauf abgesehen, die City in eine Art Offshore-Plattform zu verwandeln, konstatiert der Geschäftsbanker und frühere Trader Marc Fiorentino: „Manche Finanzakteure träumen davon, London in ein globales Singapur zu verwandeln, eine von allen regulatorischen EU-Auflagen befreite Zone, in der alle aufstrebenden Wirtschafts- und Finanzmächte ungehindert ihre mehr oder weniger sauberen Geschäfte verfolgen können. Es wäre ein riesiges Steuerparadies.“ Die britische Presse hat dafür den Begriff „Singapore-upon-Thames“ geprägt.

Mit dem Amtsantritt von Boris Johnson im Juli 2019 haben es die Vertreter der zweiten Finanzialisierung in die Downing Street 10 geschafft und wichtige Regierungsposten erobert. Diese Brexit-Fraktion ist auf eine libertäre Ideologie eingeschworen und will jegliche staatliche Intervention einschränken, die über den Schutz des Privateigentums hinausgeht.

Mit der Ablehnung staatlicher Regulierung auf nationaler Ebene geht der Widerstand gegen jede Art von Institutionalisierung der zwischenstaatlichen Beziehungen einher. Deren Gestaltung soll im freien Ermessen der Staaten liegen, die untereinander Handelsabkommen gemäß ihren wirtschaftlichen Interessen abschließen.

Der Libertarismus propagiert einen radikal deregulierten Kapitalismus als soziales System, das auf der moralischen, politischen und wirtschaftlichen Souveränität des Individuums basiert.

Neoliberalismus mit autoritären Zügen

Nach dem kanadischen Ökonomen und Ideenhistoriker Gilles Dostaler (1946-2011) gehen die Libertären bei der Einschränkung der Rolle des Staats weiter als die Neoliberalen: Dem Staat sollen nicht nur das Bildungswesen und Infrastrukturen wie das Verkehrssystem entzogen sein, sondern sogar hoheitliche Befugnisse: „Diese anarchistisch-kapitalistische Bewegung sieht die völlige Abschaffung des Staats und die Privatisierung aller seiner Funktionen vor, einschließlich Armee, Polizei und Justiz, die für Adam Smith dem Staat vorbehalten waren.“

Der altehrwürdige Adam Smith hatte das Gemeinwohl noch als Summe der Einzelinteressen interpretiert. Der Liberalismus soll durch von souveränen Individuen demokratisch beschlossene Gesetze ergänzt werden. Die Neoliberalen unter Milton Friedman, Friedrich Hayek und Ludwig von Mises propagierten, die radikale Verteidigung des Privateigentums und der Freiheit, sich zu bereichern, führe zur allgemeinen Wohlstandsmehrung und somit zu sozialem Fortschritt, die sogenannte Trickle-down-Theorie.

Die Anhänger des Libertarismus propagieren dagegen einen ethischen Freiheitsbegriff, der die Frage nach den Auswirkungen auf das Gemeinwohl ausblendet. Der absolute Vorrang der Freiheit entspringt nicht der Überzeugung, dass der Kapitalismus überlegen sei, weil er mehr Wohlstand schaffen könne als jede andere Produktionsweise. Die Freiheit der Eigentumsakkumulation findet ihre Begründung nur noch in sich selbst.

Radikale Thinktanks in Westminster

Zudem nimmt der ökonomische Libertarismus, dem die Protagonisten der zweiten Finanzialisierung anhängen, auf politischer Ebene autoritäre Züge an. Da alle Umverteilungsmechanismen zur Erfüllung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung – in Bereichen wie Gesundheit, Bildung und Sicherheit – abgelehnt werden, gilt die Unterdrückung sozialer Bewegungen und die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten und Rechte – inklusive der Meinungsfreiheit – als gebotene Methode, um den sozialen Zusammenhalt zu sichern.

Da eine systemische Reduzierung der sozialen Ungleichheit und der Verarmung von Teilen der Bevölkerung als illegitim gilt, bleibt zur Regulierung des gesellschaftlichen Lebens nur der Einsatz von Gewalt. Die Freiheiten werden geopfert, um die wichtigste Freiheit zu bewahren: das Recht, Eigentum zu besitzen und zu akkumulieren.

In den 2010er Jahren wurden diese Ideen vor allem von Thinktanks verbreitet, die unter dem Sammelbegriff „Tufton Street“ bekannt wurden, weil die meisten von ihnen ihre Adresse in dieser Straße des Londoner Stadtteils Westminster haben. Zum Beispiel (in der Tufton Street 55 und 57) das Adam Smith Institute, die TaxPayers’ Alliance, Leave Means Leave, die Global Warming Policy Foundation, das Centre for Policy Studies (1974 unter anderem von Margaret Thatcher gegründet) und das Institute for Economic Affairs.

Diese Thinktanks werden größtenteils durch die Akteure der zweiten Finanzialisierung finanziert, aber auch durch eng mit ihnen verbundene Branchen wie Hoch- und Tiefbau, fossile Energien und die Tabakindustrie. Dieses Netzwerk beschränkt sich nicht nur auf Großbritannien. Die Tufton Street ist Teil des transatlantischen Atlas Network mit etwa 400 Organisationen, die sich zu einer politisch kohärenten Galaxie formieren.

Verbindungen zur Alt-Right-Bewegung

Geeint wird dieses Netzwerk des Libertarismus auch durch die Verbindungen zur Alt-Right-Bewegung in den USA und zu den Tory-Brexiteers. Diese Organisationen stehen für ein Ensemble von Ideen, die das politische Projekt der zweiten Finanzialisierung ausmachen: Libertarismus, Fortsetzung des Thatcherismus, Euroskeptizismus, Atlantismus, Autoritarismus und Anzweifeln des menschengemachten Klimawandels.

Die politischen Förderer der zweiten Finanzialisierung sind, um zu regieren, offenbar nicht mehr auf die Demokratie als Form bürgerlicher Herrschaft angewiesen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts musste sich das aufstrebende Bürgertum in der Konkurrenz mit den in manchen Gegenden noch sehr populären Lehnsherren und Aristokraten eine neue Legitimität verschaffen, die nicht auf Vererbung gründete.

Damals ging es darum, die durchaus mögliche Wiederherstellung der Interessenkoalition von Landadel und Bauern zu verhindern, die fast tausend Jahre vorgeherrscht hatte. Deshalb konnte die bürgerliche Revolution auf die Neuerfindung des Demokratiegedankens auf Basis der Idee der Volkssouveränität setzen.

Das ist heute anders: Die Macht der Bourgeoisie wird von keiner anderen Gesellschaftsschicht oder konkurrierenden Elite bedroht. Könnte es also sein, dass sie, wenn keine monarchistische oder sozialistische Gefahr mehr besteht, an der Demokratie nicht mehr interessiert ist?

Aus dem Französischen von Markus Greiß

Anmerkung der Redaktion: Die Soziologen Marlène Benquet und Théo Bourgeron haben das Buch „La Finance autoritaire. Vers la fin du néolibéralisme“, Paris (Raisons d’agir) 2021, verfasst. Dieser Text ist ein Auszug daraus.

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20 Kommentare

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  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    "...Amtsantritt von Boris Johnson im (..) haben es die Vertreter der zweiten Finanzialisierung in die Downing Street 10 geschafft (...). Diese Brexit-Fraktion ist auf eine libertäre Ideologie eingeschworen und will jegliche staatliche Intervention einschränken.."

    ==

    Damit ist die ERG gemeint (European Research Group) mit den bekannteren Köpfen wie Jacob Rees Mogg, Steve Baker, Priti Patel, Liam Fox, Michael Gove - usw.

    Das diese Truppe an demokratischen Meinungsbildungsprozessen nicht mehr interessiert ist - ist am Brexit, am Verfall der Tories, am Bündnis der englischsprachigen Konservativen (Tories, Trump) mit rechtsradikalen Bewegungen eindeutig abzulesen. Wobei in den USA eher zu erwarten ist, das der Trumpismus die Republikaner zerreissen wird - und sie auch deswegen auf unabsehbare Zeit ihre Machtoption verlieren werden.

    1..Was der Brexit finanztechnisch für die EU bedeutet - außer das britische Finanzmakler/Banken nicht mehr in der EU handeln dürfen, ist ungklärt.



    Der Deal EU - UK enhält in dieser Richtung keine Vereinbarungen - das soll noch geklärt werden.

    Warum schneiden sich die Singapore-upon-Thames - Brexiteers mit ihrem Brexit ins eigene Fleisch - indem sie auf den EU Markt anscheinend verzichten und horrende Wachstumseinbussen in Kauf nehmen? - und selbst mittels Brexit US amerikanische Finanz-Transaktionen in die EU verhindern?

    2..Ist Friedrich Merz als "Black-Rocker" die bundesrepublikanische, unter Umständen die leicht abgeschwächte Variante der Gruppe der 2. Finanzialisierer (Bierdeckel-Steuererklärung, Neoliberal,



    zurück drängen staatlicher Aufsicht etc.)?

    3..Auflösung parlamentarischer demokratischer Systeme durch Tories und Trumpisten (Republikaner sind in dieser Hinsicht gespalten) ist eindeutig - aber ist das die neue Heilslehre der Konservativen auch in der EU - nachdem es Rechtspopulisten und Rechtsradikalpopulisten geschafft haben die Sozialdemokratie überall



    empfindlich zu dezimieren?

    Fragen über Fragen......

  • Ach so, bevor ichs vergesse: Der Libertarismus wurde, wie auch das gesamte (auch gemäßigte) Weltbild der Conservatives in den USA hauptsächlich durch die Deutschland und Europa kaum bekannte pseudo- Philosophin Ayn Rand geprägt. Wenn man mal kurz nach der googlt wird einem so einiges un bezug auf die Amerikanische Gesellschaft von Reagan bis zur Finanzkrise klar ...

  • Diesen Privatschul-Wichten geht es nur darum frei investieren und von ihrem ererbten Vermögen zu leben. Insofern nur eine Weiterentwicklung des Thatcherismus, dem es auch nur darum ging die Herrschaft der Upper-class wiederherzustellen.



    Dazu brauchte man damals aber noch die Behauptung, das Ganze diene Allen; vielleicht glaubten manche das sogar tatsächlich, wahrscheinlich verbunden mit der Auffassung, das Volk sei ja eh zu dumm um selbst zu denken, aber egal. -Friedrich Hayek, der "Oberguru" der Neo-liberalen neben Friedman, galt zu seiner Zeit selbst der liberalen "Chicagoer Schule" und Friedman selbst, als radikaler Sonderling.

    Erst Margaret Thatcher, hatte ihn - schon im hohen Alter- nach der Gründung ihres 'Think Tanks' als als vermeintliche Referenz und Experte für ihre Ziele wieder ausgegraben und es zusammen einigen konservativen Business Schools hingekriegt einer Ganzen Generation von Ökonomen einzutrichtern, hinter dem Neoliberalismus stecke tatsächlich Hand-und-Fuß...



    Was dazu geführt hat, das genau die ,, Bürokraten" die man eigentlich abschaffen wollte - in IWF, Weltbank und EU genau diese erwiesenermaßen zu Spaltung führendeWirtschaftstheorie propagiert und durchgesetzt haben. Ironischer Weise eine Art geplanter Neo-Liberalismus.



    Eine Schizophrenie in sich selbst...

  • Danke

    Zweite Finanzialisierung nahm Fahrt auf, auf Proxy Wars, Stellvertreterkriege an der Peripherie Zentren, Börsenplätzen computergesteuert hochfrequenten Handel mit Devisen, Aktien, Rohstoff, Edelmetall Derivaten, Zertifikaten, Bitcoin Blockchain Technologie der Finanztranskationen angewiesen, im Wege Nine Eleven 01 als das dazu passende Backstage Szenario nach innen Druck Richtung globaler Entsolidarisierung auszulösen, während 20 Jahren Krieges gegen sog. internationalen Terrorismus, mit folgenden Strömen Geflüchteter, inzwischen, neben 230 Millionen Arbeitsmigranten, lt. UNHCR Bericht 2020 über 80 Millionen inner-, außerhalb ihrer Heimatländer, die zum geringeren Teil Aufenthalt, Versorgung, Beschäftigung in Europa, Great Britain suchen, was ihnen, entgegen Menschenrechts-, Genfer Flüchtlingskonvention aber strukturell erschwert, wenn nicht verweigert wird. Das reicht aber innenpolitisch strukturell permanent Druck in Europa, EU, Nato Ländern aufrechtzuerhalten, der für asymmetrische Demobilisierung notwendiger Debatten sorgt, Ansätze von Reformen Uno, WTO, WHO, IWF, Weltbank, Weltwirtschaft, Weltwährungssystem, Erreichen von Zielen Pariser Klimaabkommens 2015, Anerkennung von UNO ICAN Atomwaffenverbot, das ab 22. Januar 2021 Völkerrecht wird, Ressourcen verschleudernd, zu unterlaufen. Genau diesen destruktiven Willen bildet der Brexit im Vollbild ab

  • Der Begriff der Freiheit sollte im Zusammenhang mit Libertalismus nicht angewandt werden.



    Freiheit ist nämlich ganz einfach die Fähigkeit, sich entscheiden zu können. Ein System, das diese ans Eigentum koppelt, ist somit unfrei, denn der Habenichts kann sich nicht entscheiden, weil er keine gangbaren Alternativen hat (Verhungern ist keine Handlungsoption) und der Reiche muss permanent seine Position gegen andere verteidigen. Diesen Gesellschaftszustand hatten wir bereits im Protofeudalismus, oder heute in ´Failed states´ wo Besitz, Gewalt und Recht in den Händem der Durscsetzungsfähigsten war - und das Volk diesen Zustand als natürlich ansah - lebenswert und performativ sind solcher Gesellschasften aber nicht.



    Eine wirklich freie Gesellschaft ermöglicht allen ein Maximalmaß an Gestaltungsfreiheit, deswegen bitte nicht die Terminologioe der wirtschaftsliberalen nachplappern - Deren Freiheit ist nicht die Unsrige - um ein Trotzkizitat abzuändern.

    • @Euromeyer:

      Wäre es möglich das für Leute mit Durchschnitts-IQ genauer zu erläutern? Mit Liberalismus oder Libertarismus wüsste ich etwas anzufangen, aber was ist Libertalismus? Wie versteht sich der "Protofeudalismus" in der Argumentation? Soweit ich ergooglen konnte hat der wohl etwas mit den Tributzahlungen im westgotischen Heerwesen zu tun aber wo ist da die Verbindung zur Freiheit? Wie kann eine Gesellschaft performativ - in dem Sinne wie der Begriff etwa bei Butler verwendet wird - sein, oder ist hier auch etwas ganz anderes gemeint?



      Und warum ausgerechnet Trotzki, der sich als Bolschewik begriff, die Schlüsselfigur bei der Niederschlagung der Machnowtschina und des Kronstädter Matrosenaufstandes und auch ansonsten nicht gerade zimperlich war ein verdrehtes Zitat zur Freiheit in den Mund legen?

  • Diese Strukturen spielen auch eine Rolle bei Desinformation zur Corona-Krise, und der Propagierung der "Herdenimmunitäts-Strategie" (wohlbemerkt durch Verzicht auf Kontrolle der Seuche statt durch Impfungen).

    Wie beispielsweise der "Great Barrington Declaration":

    gbdeclaration.org/

    Analysen über die Urheber:

    www.desmogblog.com...-immunity-covid-19

    www.theguardian.co...hnny-bananas-covid

    theconversation.co...rd-immunity-148975

  • > Zudem nimmt der ökonomische Libertarismus, dem die Protagonisten der zweiten Finanzialisierung anhängen, auf politischer Ebene autoritäre Züge an. Da alle Umverteilungsmechanismen zur Erfüllung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung – in Bereichen wie Gesundheit, Bildung und Sicherheit – abgelehnt werden, gilt die Unterdrückung sozialer Bewegungen und die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten und Rechte – inklusive der Meinungsfreiheit – als gebotene Methode, um den sozialen Zusammenhalt zu sichern.

    Man kann das als autoritären Libertarismus oder Anarcho-Kapitalismus diagnostizieren.

    Allerdings muss man zum Einen anerkennen, dass sich die rechtspopulistischen und Alt-Right Politiker nicht selten offen faschistischer Symbole bedienen, wie z.B. Trump, der die Teilnehmer von Wahlkampfveranstaltungen aufforderte, ihre rechte Hand zu heben.

    Auch die britischen Politiker haben sich frei aus dem Giftschrank der Goebbels-Memoiren und Neonazis bedient. Am deutlichsten durch die fortgesetzten Attacken auf "Außenseiter", Immigranten, und "Verräter", die Definition ihrer Politik als Reaktion auf vermeintliche Feinde, die einen Zusammenhalt erfordern würden, und die Bemäntelung noch der absurdesten und korruptesten monetären Interessen durch Theorien wie dass weder Klimawandel noch Coronaviren gebe. Ist die Ablehnung von Wissenschaft neoliberal?

    Schließlich muss man feststellen, dass man Faschismus nicht wirklich daran fest machen kann, ob jemand Reiterhosen, Hakenkreuz oder Schnäuzer trägt. Die rückwärtsbezogene (eben reaktionäre) Reaktion auf Wandel ist vielleicht deren deutlichste Unterscheidung von anderen Autoritären.



    Auch die Inhalte der nationalen Romantik können je nach Land verschieden sein, wie man sieht wenn man Bolsenaro, Duterte, Trump und so weiter vergleicht.

    Sind es nun Faschisten oder nicht? Womöglich ist es müßig, die exakte Diagnose zu finden. Es sind sicher nicht Adolfs Wiedergänger - aber allein deswegen sind sie nicht unbedingt weniger gefährlich.

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @jox:

      ""Auch die britischen Politiker haben sich frei aus dem Giftschrank der Goebbels-Memoiren und Neonazis bedient..................""



      ==



      Es sind die Tories, die es als konservative Partei nicht mehr gibt weil UKIP als rechtsradikale Partei fast völlig von den Tories aufgesogen wurde.



      Verbindungsmann der Tory Rechtspopulisten/Johnson zu Trump



      und rechtspopulistischer Einheizer zum Brexit ist Niquel Farage, der ehemalige UKIP Vorsitzende.

    • @jox:

      Die Vorstellung einer gleichgeschalteten, re-nationalisierten und politisch gesteuerten Wirtschaft wie sie im NS existierte dürfte für die meisten Anarcho-Kapitalisten und Rechts-Libertäre wohl eher Horrorvision als Ziel ihrer Träume sein.

  • "Von kritischen Ökonomen wird die EU oft als institutionalisierter Hort des Neoliberalismus beschrieben, als Vehikel, um die Völker im Interesse der Finanzwirtschaft ihrer Souveränität zu berauben."

    genau das ist sie und eben darum und eben daran wird sie scheitern

    "Da eine systemische Reduzierung der sozialen Ungleichheit und der Verarmung von Teilen der Bevölkerung als illegitim gilt, bleibt zur Regulierung des gesellschaftlichen Lebens nur der Einsatz von Gewalt"

    ein nicht unrealistischer ausblick auf die zukunft der eu

    • @satgurupseudologos:

      Tja, aber es gibt leider zu Viele die das nicht wahrhaben wollen und sich mit der Behauptung es ginge um Völkerfreundschaft (des Kapitals?) beduseln lassen. - Das ginge mit einem ausgebauten Europarat oder der alten EG nämlich auch.

      Man könnte nur seine Steuern nicht mehr durch Irland und Luxemburg kanalisieren...

    • 9G
      93042 (Profil gelöscht)
      @satgurupseudologos:

      Jetzt hatte ich aber den zuletzt von Ihnen Zitierten Satz als auf die Verfechter des neuen britischen Wirtschaftsliberalismus bezogen verstanden. Helfen Sie meinem mitunter kurzen Verstand doch ein wenig auf, oder könnte es vielleicht auch sein, dass Sie automatisch alles negativ Konnotierte auf die EU beziehen? Dann sollten Sie den Artikel vielleicht nochmals analytischer lesen ;-))

      • @93042 (Profil gelöscht):

        bisher hat grossbritannien in der eu zusammen mit der brd für eine hegemonie des neoliberalismus gesorgt und sowohl eine soziale als auch eine politische union erfolgreich zugunsten eines antisozialen und antidemokratischen europas der standortkonkurrenz verhindert



        .alle staaten europas die sich auf demokratischem weg gegen den neoliberalismus zu wehren versuchten wurden bisher erfolgreich unterdrückt



        durch den austritt grossbritanniens wird das neoliberale lager entscheidend geschwächt.



        die deutsche hegemonie wird nur vorrübergehend und für eine begrenzte zeit noch repressiver werden.sie ist im prinzip jetzt leichter überwindbar.



        dafür genügt es wenn es in frankreich wo es schon mehrere erfolgreiche von den massen getragene revolutionen gab zu einer sozialen revolution gegen den neoliberalismus der mit deutschland gegen das eigene volk kollaborierenden eliten kommt



        nach meiner einschätzung ist dass nur noch eine frage der zeit



        vorboten der kommenden sozialen revolution haben sich schon gezeigt.allzulange kann es nicht mehr dauern



        der Macronismus wird scheitern



        danach geht es mit der neoliberalen ära und ihren institutionen zu ende



        einstweilen ist der neoliberalismus aber noch unbesiegt



        und zwischen der britischen und der kontinentalen variante gibt es abgesehen davon das die letztere bürokratischer ist kaum unterschiede

        es gibt auch keinen "neuen britischen Wirtschaftsliberalismus".sein programm hat sich seit Margaret Thatcher kein bisschen geändert

    • @satgurupseudologos:

      "ein nicht unrealistischer ausblick auf die zukunft der eu"

      Das sieht die Finanzwelt wie im Artikel dargestellt offenbar deutlich anders.

    • @satgurupseudologos:

      an der zunahme des rechtspopulismus sind die neoliberalen auch schuld

      und er ist direkt und indirekt für sie nützlich

      direkt weil die rechtspopulist*innen im unterschied zu den linken die kapitalherrschaft nicht beenden das privateigentum nicht begrenzen und den gesellschaftlichen reichtum nicht umverteilen wollen .

      und indirekt weil die linken leider zu schwach sind um sowohl die rechtspopulist*innen als auch die neoliberalen gleichzeitig zu bekämpfen

  • 9G
    92293 (Profil gelöscht)

    Na das liegt ja jetzt mal wieder auf der Linie. Meiner Vermutungen und Einschätzungen. Insbesondere das Argument Reiche hätten ein Interesse an Unannehmlichkeiten in der Gesellschaft mittels Rechtsextremismus. Zumindest belegt es eher warum es interessant ist Rechtsextremismus zu unterstützen. Zum anderen gab es bereits zu Zeit der Buschpräsidentschaft weitere Teile in der US-Geldelite Geringschätzung gegenüber der Staatsform Demokratie.

    • @92293 (Profil gelöscht):

      "Zum anderen gab es bereits zu Zeit der Buschpräsidentschaft weitere Teile in der US-Geldelite Geringschätzung gegenüber der Staatsform Demokratie."



      Das ist nicht nur in der Bush-Präsidentschaft, sondern überall. Nach der Devise: Was soll auch der Pöbel ein Recht haben, über mein Geld zu verfügen? Das ist nicht irgendwie auf eine Nation oder so beschränkt.

  • passt ins bekannte Bild...

  • Kapitalisten können keine Mathematik, sonst müssten sie ihr Modell als unrealistisch zurückweisen.