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Aus Azubis können streikenAusbilden und auslaugen

Die Azubis bei Vivantes und der Charité beklagen schlechte Arbeitsbedingungen. In der Krankenhausbewegung stehen die Zeichen auf Streik.

Auch schon wieder ein Jahr her… Zu wenig Kohle für die Pflege gibts schon länger Foto: dpa | Johannes Neudecker

Berlin taz | Die Auszubildenden in den kommunalen Krankenhäusern Charité und Vivantes schlagen Alarm. Gemeinsam mit der Berliner Krankenhausbewegung und der Gewerkschaft Verdi berichteten vier Azubis am Mittwochmorgen über ihre miserablen Arbeitsbedingungen – und stellten die Ergebnisse einer Umfrage vor, in der 300 der etwa 1.500 angehenden Pflegekräfte über ihre Ausbildungserfahrungen befragt wurden.

Ihre Antworten sind erschreckend: Demnach kann sich die Hälfte der Azubis nicht oder eher nicht vorstellen, den Pflegeberuf längerfristig auszuüben. Sage und schreibe 75 Prozent erklärten, der Beruf sei mit den eigenen Vorstellungen von Familien- oder Freizeitpla­nungen völlig oder eher unvereinbar. Sieben von zehn der Befragten sagten, sie würden manchmal oder sogar häufig Tätigkeiten ausüben, für die sie noch gar nicht ausgebildet wurden.

Meike Jäger, Verdi-Landesfachbereichsleiterin für Gesundheit und Soziales, erklärte, die Umfrage offenbare „gravierende Probleme, die schnellstens abgestellt werden müssen“. Hierzu haben die Azubis einen Forderungskatalog erarbeitet, der am Donnerstag der Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) vor ihrer Senatsverwaltung übergeben werden soll. Darin fordern die Azubis eine bessere Einarbeitung in ihre Station, eine längerfristige Dienstplanung und eine bessere Betreuung durch die Praxisanleiter:innen.

Die Politik redet, Klinikleitungen blocken ab

Die Auszubildenden sind in der Berliner Krankenhausbewegung organisiert, die neben einem Tarifvertrag Entlastung für die Pflegekräfte auch eine Bezahlung nach Tarif für alle Beschäftigten insbesondere der Vivantes-Tochterunternehmen fordert. Vor allem gegen den Entlastungsvertrag führen Klinikleitungen den Fachkräftemangel als Argument heran. Die Befragungsergebnisse untermauern nun den Standpunkt der Gewerkschaft. Die sagt: der Personalmangel liegt primär an den miserablen Arbeits- und Ausbildungsbedingungen.

Im Zusammenhang mit ihren Forderungen hatte die Krankenhausbewegung ein 100-Tage-Ultimatum gestellt, dass am 20. August ausläuft. Pünktlich zu Beginn der heißen Phase des Ultimatums – und des Wahlkampfs – haben Linke und SPD nun Beschlüsse verabschiedet, in denen sie sich mit den Zielen der Bewegung solidarisieren. Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch unterstützt die Forderungen öffentlich. Konkret geschehen ist seitens der Politik aber wenig.

Die Klinikleitung von Vivantes blockt derweil weiter alle Gespräche über den Tarifvertrag Entlastung ab. Erstmalig verhandelt hat Verdi allerdings Ende letzter Woche mit der Leitung der Charité. Doch diese habe ein Angebot vorgelegt, dass die Situation der Beschäftigten in Teilen sogar noch verschlechtert hätte, hieß es am Mittwoch aus der Gewerkschaft. Alle Zeichen stehen deshalb derzeit auf Streik – auch die Auszubildenden werden dabei sein.

Veranstaltungshinweis: Am Donnerstag, den 12. August, übergeben die Auszubildenden ihre Forderungen an Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). Eine Kundgebung findet um 16 Uhr vor der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in der Oranienstraße 108 statt.

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