Auktion des Berliner Ensembles: Ein Theater wird zum Hotel
Um gegen die Kürzungen im Kulturbereich zu protestieren, bietet das Theater eine Nacht auf der Bühne. Den Zuschlag bekommt ein Gebot von 1.500 Euro.
G eld regiert die Welt“, sagt Celia Peachum zu ihrem Mann Jonathan, dem Chef einer Bettlermafia. Natürlich nicht in Berlin, aber in der „Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht, die 1928 im Berliner Ensemble (BE) uraufgeführt wurde.
In Berlin regiert zur Zeit aber vor allem die Welt des Sparens, zum Beispiel wenn der Senat den Kulturhaushalt um rund 130 Millionen Euro kürzt. Um auf diesen Kahlschlag aufmerksam zu machen, versteigerte das BE auf Ebay eine Übernachtung auf seiner geschichtsträchtigen Bühne. Am Dienstag endete die ungewöhnliche Auktion.
Eine Woche lang konnten Interessierte für eine Übernachtung auf „den Brettern, die die Welt bedeuten“, Gebote abgeben. Im Erlebnis inbegriffen sind Karten für die Abendvorstellung am 28. Januar sowie ein „Gute-Nacht-Gedicht“, vorgetragen von einem Mitglied des Ensembles. Das Bett selbst stammt aus dem Möbelfundus des Theaters.
Auch an das „Örtchen“ ist gedacht. Es befindet sich hinter der Bühne: „Toilette und Dusche sind in den Backstage-Räumen neben der Bühne bzw. in einer Ensemble-Garderobe vorhanden“, teilt das BE mit. Außerdem gebe es kostenloses WLAN in der gesamten Unterkunft. Krönender Abschluss ist ein Frühstück mit BE-Intendant Oliver Reese in der Kantine. Einstiegsgebot: 250 Euro.
Zugegeben: Das Frühstück und eine Unterhaltung mit Oliver Reese klingen verlockend. Aber in einem vermutlich schlecht beheizten Saal, hinter dem um 23.30 Uhr aus Brandschutzgründen geschlossenen Vorhang zu übernachten, klingt wenig verlockend. Alleine auf der Bühne, von Mackie Messer verfolgt, lässt es sich wahrscheinlich nicht gut träumen. Und dafür auch noch mehr als 250 Euro zahlen?
Vorbild für andere Einrichtungen?
Andere haben da weniger Bedenken. Am Telefon teilt das BE mit, dass in den vergangenen sieben Tagen 95 Menschen mitgeboten hätten. Statt für 250 geht die Nacht nun für 1.500 Euro über die Bühne.
Könnte das ein Vorbild für andere Kultureinrichtungen sein? Warum nicht in Theatern übernachten oder frühstücken, wenn sie gerade nicht genutzt werden?
Laut Senat sollen Theater auf andere Einnahmemöglichkeiten setzen, um die Einsparungen zu kompensieren. Nun hat das BE 1.500 Euro mehr auf der Einnahmeseite. Das ist etwa so viel wie 30 Karten der Platzgruppe 2 für eine Aufführung der „Dreigroschenoper“.
Lohnender ist da der Perspektivwechsel. Die Gewinner:innen werden zu Schauspielenden in einem Theaterstück, mit dem das Theater auch den Senat auf die Bühne holt. Als Teil einer Bettlermafia?
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