Auftakt Am Montag beginnt die Klimakonferenz in Paris. Die taz.paris schaut genau hin. Worum es geht (alles) und was wir planen (einiges): Möge das Pokern beginnen
vom taz-Paris-Team und Christian Barthold (Illustration)
Langweilig. Wer hätte gedacht, dass es stinklangweilig sein könnte, die Welt zu retten: stickige Konferenzsäle, in denen Delegierte aus aller Welt um Kommas und Klammern streiten. Am Ende steht dann auf einem Papier allerlei über CO2-Minderungen, Überprüfungsmechanismen, Anpassungsmaßnahmen und das 2-Grad-Ziel.
Um mehr sollte sich das Klima im Schnitt global nicht aufheizen. Machen wir weiter wie bisher, könnten es auch 4 oder 5 Grad werden. Während der letzten Eiszeit waren es übrigens 5 Grad weniger, Brandenburg war Gletscher.
Willkommen auf der Klimakonferenz in Paris. Wir wollen jetzt nicht zu dick auftragen, aber die Sache ist ernst. Ab kommenden Montag tagen zwei Wochen lang Delegierte aus aller Herren Länder, umschwirrt von tausenden Journalisten, Wirtschaftsvertretern und Wissenschaftlern, und pokern um einen Weltklimavertrag oder besser: um unsere Zukunft.
Wir versprechen Ihnen, das wird alles andere als langweilig. Wir werden in der taz ab diesem Samstag die große Weltrettungskonferenz entwirren, auf täglich vier Sonderseiten. Wir zeigen auf, wer sich sträubt und wer vorangeht, welche Lobby aus Profitinteresse unsere Zukunft aufs Spiel setzt und welche Klimaschützer die derbsten Aktionen starten.
Allein fünf Reporter*innen sind vor Ort in Paris, in Berlin arbeiten weitere 14 Redakteur*innen und auch auf taz.de werden wir Sie aktuell auf dem Laufenden halten.
Und Sie können selbst etwas tun. An diesem Wochenende finden weltweit Protestveranstaltungen statt. In Deutschland etwa in Berlin, Stuttgart, Eisenach oder Erfurt. Hunderttausende Menschen gehen weltweit auf die Straße, um gegen den Wahnsinn unserer kollektiv verursachten Klimaerwärmung zu demonstrieren. Dabei muss klar sein: Klimawandel, das sind wir, die Oberschicht des Planeten. Einfach nur auf Shell, die Lufthansa, VW oder wen auch immer zu schimpfen, ist billig.Was Hoffnung macht: Es gibt fundamentale Unterschiede zur letzten wichtigen Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen, als kein Klimaschutzabkommen zustande kam. Doch jetzt hat die Revolution des Energiemarkts begonnen, Solar- und Windenergie haben ihren Durchbruch erreicht, internationale Großkonzerne entdecken Klimaschutz als Geschäftsmodell. Es gibt serienreife Elektrofahrzeuge, Investoren ziehen Geld aus der Kohle ab. Barack Obama macht auf Klimaschützer, in Kanada ist eine neue, ökologischere Regierung an der Macht, die EU stößt immer weniger Klimagase aus, China könnte im nächsten Jahrzehnt beginnen, seine Emissionen zu senken.
Immerhin wissen alle, um was es geht. Am Montag fliegen über 150 Staats- und Regierungschefs nach Paris. Auf der Illustration sehen Sie die Entscheider. Vor allem Schwellenländer werden eine wichtige Rolle spielen: Indiens Narendra Modi (erster Mann von links) hat in seinem Land ein gewaltiges Solarprogramm ins Leben gerufen; rechts neben ihm Tony de Brum, Außenminister der Marshall Island, also einer der vom Untergang bedrohten Inselstaaten. Die Dame im Hintergrund mit der Taube auf dem Kopf ist Joyce Mxkato-Diseko, wichtige Sprecherin der als G 77 organisierten Entwicklungsländer. Rechts daneben Todd Stern. Als Chefunterhändler der USA kommt ihm eine entscheidende Rolle zu. Rechts neben Stern, hinter Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff und links von Japans Premierminister Shinzō Abe, stehen zwei, die kein Interesse an Klimaschutz haben: Venezuelas Verhandlerin Claudia Salerno und Saudi-Arabiens Ölminister Ali Ibrahim al-Naimi.
Ob das reicht oder der grüne Kapitalismus nur eine Entschuldigung zum Kaputtkonsumieren ist – nous verrons, wir werden sehen. Also, unsere Nachkommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen