Aufstieg perfekt: Werder zurück in der 1. Liga
Mit einem 2:0-Sieg über Jahn Regensburg schafft Werder Bremen ein Jahr nach dem Abstieg den direkten Wiederaufstieg. Die Stadt ist im Ausnahmezustand.
Standing-Ovations schon beim Einlauf der Torhüter zum Warmmachen um 14:43 Uhr, Hunderte zusätzlicher Ordnungskräfte, die sich in der Leichtathletikhalle auf einen möglichen Platzsturm vorbereiten, eine grün-weiße Flagge, die von 15:20 bis 15:30 Uhr die gesamte Ostkurve bedeckt – eine Stadt wartet darauf, mit dem Schlusspfiff um 17:20 Uhr genauso in Jubelstürme auszubrechen, wie man es vor einer Woche auf Schalke und gestern in Stuttgart gesehen hat.
Die Vorstellung, dass der Aufstieg in die Erste Liga heute nicht passiert, ist höchstens mit der vergleichbar, dass man allein vorm Traualtar stehen gelassen wird. Oder dass der Uhrzeiger an Silvester um Mitternacht nicht umschlägt. Zwischen diesen Szenarien steht nur das kleine Wörtchen „nur“ – nur einen Punkt braucht Werder gegen Jahn Regensburg für den sicheren Aufstieg – das wird seit dem 3:0 in Aue am letzten Sonntag mantra-artig auf allen Kanälen wiederholt.
Die Hauptaufgabe des Trainerteams um Ole Werner bestand in den letzten Tagen im Wesentlichen darin zu verhindern, dass sich dieses Wort nicht auch als Mantra ins Unterbewusstsein der Spieler schleicht. Als positives Signal hatte sich schon früh in der Woche abgezeichnet, dass die verletzungsanfällige Wade von Kapitän und Abwehrstabilisator Ömer Toprak einen Einsatz zulassen würde.
Party-Crasher zu Gast
Die Gäste machten mit Zweikampfhärte und Vorwärtsdrang von vornherein klar, dass sie der befürchtete Party-Crasher sein wollten. Der erste Torschrei gehörte dann dem Bremer Anhang, doch Nicklas Füllkrug stand in der 6. Minute deutlich im Abseits. Kurz darauf erstickte der Video-Assist die Euphorie nicht im Keim, als wiederum Füllkrug nach einer schönen Kombination das 1:0 erzielte.
In der Folge ließ Werder den Gegnern viel Raum. Die Mannschaft zeigte nicht das aggressive Pressing der letzten Spiele und sorgte auch nach Ballgewinnen nur ansatzweise für Gefahr. Dafür wurden in der 22. Minute das erste Mal Erinnerungen an das letzte Heimspiel gegen Holstein Kiel wach, als Werder sich nach 2:0-Führung durch zwei Eigentore noch auf die Verliererstraße brachte. Diesmal entschärfte Torwart Jiri Pavlenka allerdings aus kurzer Distanz einen missglücken Klärungsversuch von Mitchell Weiser.
Kurz vor dem Pausenpfiff kam es nach einem Freistoß von der Strafraumgrenze zu einer weiteren brenzligen Situation vor Werders Tor. Trotz Führung wirkten die Bremer immer noch nervös. Die zeitgleiche 3:0-Pausenführung von Darmstadt 98, das bei einer Bremer Niederlage noch vorbeiziehen konnte, trug auch nicht zur Beruhigung bei.
Die zweite Hälfte begann mit einer weiteren Großchance der Regensburger nach einem Freistoß. Doch dann setzen sich Mitchell Weiser und Romano Schmid mit einer Energieleistung auf der rechten Seite so durch, dass Marvin Ducksch nur noch einzuschieben brauchte. Zum ersten Mal trauten sich die 40.000 Zuschauer:innen aus voller Kraft „Nie mehr 2. Liga“ zu singen.
Erst jetzt befreite sich Werder von dem Druck, vergab aber jede Menge klare Chancen. Von Minute zu Minute baute sich jetzt die Begeisterung bis zum befürchteten Platzsturm auf, gegen die die flehentliche Stadionansage genauso hilflos war wie der mittlerweile in Stellung gebrachte Ordnerring. Überraschend war da nur, dass noch vor dem Schlusspfiff eine Gruppe kleiner Jungs den Platz stürmte und von den Spielern fürsorglich zurückgebracht werden musste.
41 Jahre nach dem letzten Aufstieg ist Werder damit nach nur einer Saison wieder in der Bundesliga angekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance