Aufstand der Mönche: Brutalität in Birma macht Berlin ratlos
Exilbirmanen wollen den Bundestag drängen, den Aufstand der Mönche stärker zu unterstützen. Politiker verurteilen die Gewalt der Militärs - und erklären die Revolution für gescheitert.
"Kommen wir in die Zeitung?" Die Frage stellt ein Jugendlicher, der auf den Stufen zum Reichstag in Berlin sitzt, um sich herum seine Klasse, die gerade von einem Lehrer fotografiert wird. Das Wetter ist herrlich an diesem Nachmittag, alles scheint friedlich und fröhlich hier auf dem Platz der Republik vor dem Deutschen Bundestag. Und Birma ist weit, weit weg.
Khin Maung Yin aber denkt an seine Heimat, wo gerade ein Aufstand für Freiheit und Demokratie von der herrschenden Militärclique brutal niedergeschlagen wird. Auch er steht vor dem Reichstag, zusammen mit gerade mal neun anderen Birmanen und Deutschen. Die Mitglieder des "Burma Projekts Berlin", einer kleinen Hilfsorganisation für das ferne, arme Land, wollen den Bundestag und die deutsche Öffentlichkeit dazu drängen, den Aufstand der rot gekleideten Mönche stärker zu unterstützen. Aber wen interessiert das Geschehen dort überhaupt?
Der Bundestag, immerhin, möchte an diesem späten Dienstagnachmittag noch einmal über die "Safran-Revolution", wie manche Abgeordnete sie nennen, debattieren - die Debatte ist aber offenbar nicht so dringend, dass man sie nicht auch noch um ein Stündchen nach hinten verschieben kann. Es liegt ein gemeinsamer Antrag der Union, der SPD und der FDP vor. Darin wird das Vorgehen der Militärs verurteilt und die Freilassung allerpolitischen Gefangenen gefordert - vor allem die von Aung San Suu Kyi. Die Friedensnobelpreisträgerin führt die Opposition in Birma an.
Das Ansinnen des Bundestags findet Khin Maung Yin in Ordnung, aber es geht dem Vorsitzenden des "Burma Projekts Berlin" nicht weit genug. Er hat deshalb an alle Fraktionen des Bundestages - mit Ausnahme der Linkspartei - einen Brief geschrieben, in dem er fordert: "Die Bundesregierung möge der Europäischen Union vorschlagen, alle ihre Botschafter aus Birma für eine bestimmte Zeit zurückzubeordern" - zumindest so lange, wie es noch zu keinem Dialog zwischen Regime und Opposition gekommen ist. Denn, so sagt Maung Yin vor den Stufen des Reichstags, der Aufstand sei ja noch nicht zu Ende: "Die Mönche geben nicht auf."
Nach einigem Hin und Her sind alle Besucherscheine zusammen, die kleine Gruppe darf an der Warteschlange zum Besuch der Reichstagskuppel vorbei direkt ins Plenargebäude hinein. Die Saaldiener im Frack und die mächtig-kühle Staatsarchitektur flößen den Birma-Aktivisten offenbar etwas Ehrfurcht ein. Sie dürfen ganz vorne auf einer der Besuchertribünen über den hinteren Abgeordnetensitzen Platz nehmen. Ein paar wenige Journalisten sind ebenfalls dabei, auch das gibt Hoffnung.
Dann beginnt die Birma-Debatte: Die Abgeordneten aller Fraktionen betonen in ihren Reden ihre Empörung über das brutale Vorgehen der birmesischen Machthaber gegenüber der Opposition. Gegen das Regime müssten die Sanktionen verschärft werden - ohne allerdings das bitterarme Volk selbst zu schädigen. Staatsminister Günter Gloser (SPD) vom Auswärtigen Amt sagt, die Bundesregierung werde beim EU-Außenministertreffen kommende Woche in Luxemburg auf verschärfte Sanktionen drängen. Aber was bringt das noch? Die Safran-Revolution sei vorerst gescheitert, erklärt Gloser. Die Abgeordneten verbergen nicht ihre Hilflosigkeit. Vielleicht ist Birma einfach nicht wichtig genug.
Maung Yin zeigt sich dennoch recht zufrieden mit der Debatte. Und seinen Vorschlag mit dem Abzug der EU-Botschafter, "den gebe ich noch nicht auf". Dann lacht er - aber nach viel Hoffnung klingt das nicht.
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