Aufstand bei der Deutschen Bank: Sturm im Zwillingsturm
In Frankfurt gibt es Flugblätter zum Mittagessen. Der Betriebsrat des Skandalhauses Deutsche Bank will einen Neuanfang ohne Vorstandschef Jain.
Die Aktion ist sehr ungewöhnlich. In der Finanzbranche sind Mitarbeiter und ihre Vertreter gegenüber dem Arbeitgeber extrem loyal. Die Frankfurter Banker begehren auf, weil sie sich durch Jains Geschäftspolitik bedroht fühlen. Er steht für den Ausbau des Investment- und den Abbau des Privatkundengeschäfts. Die Betriebsräte fürchten, dass Jain nach Auslaufen des Vertrags von Kochef Jürgen Fitschen 2017 alleiniger Vorstandsvorsitzender wird.
Dabei wird Jain für eine Reihe von Skandalen verantwortlich gemacht, für deren rechtliche Bereinigung das Geldhaus viele Milliarden zahlen musste. Bei der vergangenen Hauptversammlung haben die Aktionäre die Führung der Bank abgestraft, nur 61 Prozent stimmten für die Entlastung des Vorstands. Üblich sind mehr als 90 Prozent.
Mit den Flugblättern in der Frankfurter Kantine ist zum ersten Mal der Unmut Beschäftigten sichtbar geworden. Die Betriebsräte kritisieren, dass die bekannt gewordenen Rechtsverstöße keine personellen Konsequenzen hatten. Politiker seien schon für weniger zurückgetreten, heißt es in dem Flugblatt. Ein „radikaler Neuanfang“ gäbe „Glaubwürdigkeit zurück und könnte eine echte Aufbruchstimmung erzeugen“, schreiben die Arbeitnehmervertreter.
„Das ist keine Einzelmeinung“, betont Oliver Popp vom Deutschen Bankangestellten-Verband (DBV), der nach eigenen Angaben bei der Deutschen Bank genauso viele Mitglieder hat wie die konkurrierende Gewerkschaft Verdi. Der Betriebsratsvorsitzende und Erstunterzeichner des Flugblatts, Wolfgang Heibach, ist Mitglied des DBV. „Das Flugblatt spiegelt die Stimmung unter den Mitarbeitern wider“, sagt Popp.
Bank sieht alles ganz anders
Diesen Eindruck versucht die Deutsche Bank zu zerstreuen. „Der Aufsichtsrat, in dem 50 Prozent Arbeitnehmervertreter sitzen, hat mehrfach darauf hingewiesen, dass er den Vorstand unterstützt“, sagt ein Sprecher.
Der Gesamtbetriebsrat und die Gewerkschaft Verdi leisten der Bank Schützenhilfe. Bei der „Mitarbeiterinformation“ handele es sich um die Initiative eines von mehr als 40 Betriebsratsgremien der Deutschen Bank, so der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Alfred Herling, der auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ist. Sie sei nicht mit dem Gesamtbetriebsrat abgestimmt worden. „Demnach spiegelt sie auch nicht die Meinung aller Betriebsräte unserer Bank wider“, lautet der Kommentar des Verdi-Manns, den die Pressestelle der Bank verbreitet.
Auch Verdi geht auf Distanz. An der Aktion seien keine Mitglieder beteiligt, sagt ein Sprecher der Gewerkschaft. „Wir haben nichts von Rücktrittsforderungen an Jain gehört.“
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