Überraschender Abgang: Deutsche-Bank-Chefs treten zurück
Wechsel an der Spitze der Deutschen Bank: Jürgen Fitschen und Anshu Jain geben auf. Der Nachfolger heißt John Cryan und ist Brite.
„Anshu Jain wird zum 30. Juni zurücktreten“, teilte die Deutsche Bank am Sonntag überraschend mit. Der Aufsichtsrat habe Jain gebeten, der Bank bis Januar 2016 als Berater zur Verfügung zu stehen. Jürgen Fitschen sei vom Aufsichtsrat aufgefordert worden, sein Amt bis zum Abschluss der Hauptversammlung im Mai 2016 wahrzunehmen, „um einen geregelten Übergang sicherzustellen“. Ursprünglich liefen die Verträge der beiden Manager bis Ende März 2017.
Nachdem die Aktionäre der Deutschen Bank bei der Hauptversammlung im Mai Fitschen und Jain kräftig abgestraft haben, hat der Aufsichtsrat die Reißleine gezogen. Die Aktionäre hatten die beiden mit nur 61 Prozent entlastet – eine schallende Ohrfeige. Üblich sind bei Hauptversammlungen Entlastungen mit mehr als 90 Prozent.
Die beiden Manager haben die Aktionäre eine Menge Geld gekostet. Seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2012 hat die Deutsche Bank 8,7 Milliarden Euro für Strafen und Rechtskosten aufbringen müssen. Erst im April musste sie wegen Manipulation des Referenzzinses Libor die Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar zahlen. Die Behörden warfen der Bankführung vor, zu verschleiern, statt an der Aufarbeitung des Skandals mitzuwirken. Weil die Deutsche Bank staatliche Immobilienfinanzierer in den USA betrogen haben soll, musste sie 1,9 Milliarden Euro Strafe zahlen. Die Reihe von Skandalen wie Beihilfe zur Steuerhinterziehung reißt nicht ab. Gerade erst wurden Deutsche-Bank-Manager in Moskau wegen Geldwäscheverdachts verhaftet.
Teurer Investmentbereich
Für viele teure Regelverstöße ist der Investmentbereich der Bank verantwortlich, den Jain repräsentiert. Kurz vor der Hauptversammlung im Mai hatte der Aufsichtsrat seine Position allerdings noch gestärkt, indem er ihn zum Hauptverantwortlichen für die Umsetzung der als neu ausgegebenen aktuellen Strategie erklärt hatte. Sie sieht eine weitere Stärkung der Investementsparte und eine Schwächung des Privatkundengeschäfts vor. Fast ein Viertel der 700 Filialen in Deutschland sollen geschlossen, die Tochter Postbank soll an die Börse gebracht werden. Noch ist unklar, ob mit Jains Abgang auch diese Strategie aufgegeben wird.
Auch Jürgen Fitschen, der zunächst bleiben darf, ist erheblich angeschlagen. Er steht zurzeit wegen versuchten Prozessbetrugs in München vor Gericht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt