Aufspaltung des Medienkonzerns: Springer zerschlagen?
Der Springer-Konzern soll in ein Medien- und Anzeigengeschäft aufgeteilt werden. Für Springer-Chef Döpfner könnte das sogar gut sein.
Enteignet Springer!“, hieß mal der Schlachtruf der 68er. Gemeint war die Meinungsmacht des damals Westberliner Großkonzerns unter Führung des gleichnamigen Axel C. Springer. „Zerschlagt Springer!“ passt heute als Slogan für Springers selbsterklärten Nachfolger Mathias C. Döpfner besser. Diesmal geht es nicht um Meinungsmacht, sondern um Profit. Oder vielleicht doch nicht?
Der Hintergrund ist ziemlich langweilig. Trotzdem weiterlesen, es wird besser. „Sinnlose rhetorische Mittel sind auch in der Kolumne langweilig“, sagt die Mitbewohnerin. Also, bei Springer sind seit 2019 Finanzinvestoren am Start. KKR aus den USA und der kanadische Pensionsfonds CP PIB (Canada Pension Plan Investment Board) halten aktuell gemeinsam 48,5 Prozent der Anteile. Der Rest gehört salopp gesagt der Familie Springer und Mathias Döpfner. Durch KKR und CPPIB kamen dringend gebrauchte frische Millionen in den Laden.
Finanzinvestoren ticken nun so, dass sie die Branche und was sie treibt, ziemlich egal finden. Hauptsache, sie können sich nach fünf Jahren mit fettem Gewinn wieder verabschieden. Also wollen KKR und CPPIB jetzt Kohle sehen. Geplant ist offenbar, ihnen das lukrative Geschäft mit den sogenannten „Classifieds“ zu übergeben und Springer dafür aufzuspalten. „Classifieds“ hieß früher Rubrikengeschäft und meint Job- und Wohnungsangebote, Gebrauchtwagen usw. Springer ist mit „Stepstone“ (Jobs) „Aviv“ (Immobilien) oder „Idealo“ (Preisvergleiche) dick im Geschäft. Offiziell heißt es vom Konzern, „Marktgerüchte kommentieren wir nicht“. Ende des langweiligen Teils.
Wenn der Gemischtwarenladen dann weg ist, bleiben Friede S. und Mathias D. Bild, Welt, Politico und der Business Insider. Also ein Medienkonzern, der sein Geld dann wieder richtig komplett mit Journalismus verdienen muss. Die gedruckten Versionen von Bild und Welt dürften daher noch ein bisschen schneller weg vom Kiosk sein als ohnehin geplant.
Der Medienmogul und die Finanzhaie
Döpfner sollte das ins Konzept passen. Er ist 61, sieht in letzter Zeit ein bisschen müde aus und braucht ja auch noch Zeit, seine Millionen oder Milliarden auszugeben. „Was hat Döpfner denn in den letzten zehn Jahren ausgegeben?“, fragt die Mitbewohnerin.
Wenn die Finanzhaie weg sind, steht Döpfner endgültig als Medienmogul vom Schlage eines Rupert Murdoch da. Und hier wird’s problematisch. Denn wozu der Journalist Döpfner so weltanschaulich fähig ist, hat er in den letzten Jahren mit seinen privatsatirischen Einlassungen gegen Ostdeutsche, Kanzlerinnen u. v. a. m. immer mal wieder gezeigt. Und mit Personalien wie Julian Reichelt als Bild-Chefredakteur auch umgesetzt.
„Enteignet Döpfner“-Demos braucht es trotzdem nicht. Denn zum Glück hat Springer heute längst nicht mehr so viel Meinungsmacht wie es 1968 und in den Jahrzehnten danach der Fall war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin