Aufrüstung mit Atomwaffen: Trump und Putin verschärfen den Ton
Erst Putin, dann Trump: Der russische Präsident und der künftige US-Präsident wollen ihre atomaren Arsenale ausbauen. Doch noch gilt der Sperrvertrag.
Trumps Äußerungen kamen nur Stunden nach ähnlichen Einlassungen von Kremlchef Wladimir Putin über Russlands Nuklearmacht. Deren Stärkung solle im kommenden Jahr das militärische Hauptziel sein, sagte der Präsident beim Jahresabschlusstreffen des Verteidigungsministeriums in Moskau. Konkret sagte Putin, Russland müsse komplexe Raketen ausbauen, damit sie „bestehende und künftige Raketenabwehrsysteme durchdringen“ könnten.
Ob Trump mit seiner Twitter-Nachricht auf die Äußerungen aus Moskau Bezug nahm, war unklar. Der Sprecher des künftigen US-Präsidenten, Jason Miller, lieferte aber später einen Kontext für die Äußerungen seines Chefs. Trump habe die Gefahr durch eine Verbreitung von Nuklearwaffen „vor allem bei und unter terroristischen Organisationen und instabilen und schurkischen Staaten“ gemeint. Der designierte Präsident sehe die Modernisierung der Abschreckungskapazitäten der USA als „ein wichtiges Mittel, um Frieden durch Stärke zu fördern“, sagte Miller weiter.
Die USA und Russland verfügen über die größten Atomwaffenarsenale der Welt. 2010 unterschrieben beide Länder den New-START-Vertrag, der eine Deckelung der Zahl ihrer atomaren Sprengköpfe und Raketenwerfer vorsieht. Er gilt bis 2021 und kann um fünf weitere Jahre verlängert werden. Die USA und Russland sind außerdem Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrags, dessen Mitglieder zur atomaren Abrüstung verpflichtet sind.
Gleichwohl treiben die USA schon seit längerer Zeit ihre Pläne zur Modernisierung ihrer in die Jahre gekommenen Atomwaffen voran. Erst zu Jahresbeginn hatte etwa Pentagonchef Ashton Carter angekündigt, das über die nächsten fünf Jahre 108 Milliarden Dollar (rund 103 Milliarden Euro) in Instandhaltung und Verbesserung der Nuklearmacht fließen sollen.
„Wirksame Abschreckung“
Dennoch würde Trump mit einem Ausbau des Atomwaffenarsenals eine scharfe Abkehr von der sicherheitspolitischen Linie des scheidenden Präsidenten Barack Obama einläuten. Obama hatte einst die nukleare Nichtverbreitung zum Herzstück seiner Agenda erklärt und sich 2009 dafür stark gemacht, dass die USA sich an die Spitze der Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt setzen müssten. Zugleich räumte er ein, dass dieses Ziel weder schnell noch leicht erreicht werden könne.
Auf Trumps Webseite zum präsidialen Übergang hieß es, der künftige Präsident wisse um die „einzigartigen, katastrophalen Bedrohungen, die von Atomwaffen und Cyber-Angriffen ausgehen“. Die USA müssten daher ihr Arsenal modernisieren, „um sicherzustellen, dass sie eine wirksame Abschreckung sind“.
Im Wahlkampf hatte Trump bereits gesagt, die USA sollten mehr Atomwaffen haben und die Ansicht vertreten, die Welt wäre „besser dran“, wenn Staaten wie Südkorea und Japan Atomwaffen hätten. Seine demokratische Rivalin Hillary Clinton hatte ihn immer wieder als zu sprunghaft und unberechenbar dargestellt, als dass man ihm die Verantwortung über die Atomwaffen anvertrauen könnte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?