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Aufklärung zu Bundeswehr-SkandalRechte Hetze bleibt ohne Folgen

Die Bundeswehr weiß nicht, wer von ihren Zugängen aus rechte Parolen im Netz verbreitet. Nachverfolgen kann man im Verteidigungsministerium nichts mehr.

Wer war's? Die rechtsextremen Hacks von Internetzugängen der Bundeswehr aus lassen sich wohl nicht mehr nachverfolgen Foto: dpa

BERLIN taz | Nachdem Unbekannte über Internetzugänge der Bundeswehr rechte Propaganda verbreitet haben, bleiben die Hintergründe ungeklärt. Die Bundeswehr kann die Urheber der Hetzbeiträge nach eigenen Angaben nicht mehr identifizieren und verzichtet daher auf weitere Schritte. Das geht aus der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Kai Gehring (Grüne) hervor.

Anlass für die Anfrage war ein taz-Bericht vom August. Dieser handelte von Wikipedia-Einträgen, die Unbekannte aus den Netzwerken der Bundeswehr-Universitäten in Hamburg und München heraus manipuliert hatten. Ein User verbreitete etwa die in rechten Kreisen beliebte Verschwörungstheorie, Hillary Clinton betreibe im Keller einer Pizzeria einen Kinderporno-Ring („Pizzagate“).

Ein anderer User veränderte „zur Klarstellung des vorher rotgewaschenen Textes“ den Artikel über die Arbeiterklasse. Aus der „Erkämpfung von politischen Rechten“ machte er die „Erkämpfung von (unverdienten Privilegien)“.

Gehring fragte die Bundesregierung, wie sie auf die Vorfälle reagiert. Das Verteidigungsministerium verweist darauf, dass auch externe Nutzer der Universitäten Zugriff auf die Internetzugänge hätten. Verbindungsdaten würden dort „nur zu technischen Zwecken und im erlaubten Umfang“ gespeichert. Von der Wikipedia-Hetze habe man erst durch die taz-Recherchen erfahren. Zu diesem Zeitpunkt seien die Verbindungsdaten schon gelöscht gewesen.

„Ohne die Ermittlung der Urheberin oder des Urhebers ist eine Einordnung, ob der Eintrag zum ‚Pizzagate‘ unter der Motivation der Verbreitung rechten Gedankenguts geschah oder ob ihm eine sonstige Motivation zugrunde lag, leider nicht möglich“, so das Ministerium. Auf die weiteren Fälle geht es nicht ein.

„Ganz offensichtlich will die Bundesregierung diesen Vorfall nicht weiter verfolgen“, kritisiert Gehring. „Damit bagatellisiert sie eine ernst zu nehmende Angelegenheit. Hetze darf nicht unter den Teppich gekehrt werden, sondern gehört aufgeklärt und verfolgt.“

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7 Kommentare

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  • Das grundsätzliche Problem ist, dass eben nicht jeder Rechner in einem Netzwerk in der Außenkommunikation eine eigene, zuordenbare IP-Adresse hat. Wenn es also keine Internen Protokolle gibt, lässt sich tatsächlich nicht rückverfolgen, wer gepostet hat. Alternativ dazu wäre natürlich eine lückenlose Erfassung aller Aktivitäten möglich. Ob das mit dem Datenschutz konform geht, weiß ich nicht - allerdings sollte das bei Arbeitsplatzrechner eigentlich möglich sein.

  • Na, also.

    Geht doch!

    ...

     

    (Ironie)

  • Putin war‘s. Wer denn sonst.

     

    Vielleicht stehen wieder mal russische Hacker dahinter, um der Bundeswehr und ihrer Ministerin eins auszuwischen? Da es inzwischen kaum ein Skandal-Phänomen gibt, für das nicht Putins rote Hacker-Garde verantwortlich gemacht wird, böte sich dieses bequeme Erklärungsmuster doch wohl auch hier an.

  • Wikipedia speichert die IP-Addressen derer, die dort editieren. Die IP-Addresse kann man einem bestimmten PC zu einer bestimmten Zeit zuordnen.

     

    Weiß man nicht, wer PC 1234 der BW-Uni am Soundsovielten um soundsoviel Uhr benutzt hat? Müssen die Benutzer sich nicht einloggen? Jedes vernünftige Betriebssystem legt über sowas eine Log-Datei an (Nutzer 12345 dann und dann eingeloggt). Man löscht solche Logs normalerweise nicht andauernd.

     

    Kann jeder Klempner die BW-PCs ohne Login benutzen? Schlamperei. Wie nützlich.

    • @kditd:

      Das kann man so nicht generell sagen. Im internen Netzwerk, in der Uni selbst, hat jeder Rechner eine andere IP. Nach außen (Internet) die gleiche, wenn mehrere PCs z.B die selbe Internetleitung nutzen. Standleitungen haben häufig feste IPs, dass von außen auf's Netzwerk zugegriffen werden kann, Unternehmen usw. Da sagt die Internet-IP nicht viel aus.

    • @kditd:

      Nicht jeder Rechner, sondern jedem Gerät das direkt mit dem Internet verbunden ist wird eine öffentliche IP-Adresse zugeordnet. Direkt mit dem Internet verbunden sind aber nicht die einzelnen Rechner, sondern i.d.R. Router und Firewalls. Hinter einem dieser Geräte können sich dann schon gut und gerne mal bis zu 500+ Hosts verbergen. Sprich von der öffentlichen IP aus kann man nur auf einen bestimmten Kreis von Rechnern schließen, nicht auf den einzelnen Rechner.

       

      Nun könnte man theoretisch hingehen und versuchen Anmeldedaten zu korrelieren, um herauszufinden wer zum Zeitpunkt der Postings angemeldet war. Kann man aber auch lassen. Datenschutzrechtlich wäre das nämlich ziemlich heikel und die Frage wäre dann an der Stelle auch wie lange derartige Daten überhaupt aufbewahrt werden.

  • Zum Glück ist das nicht nachverfolgbar. In diesem Fall evtl. blöd, generell aber zu begrüßen.