Aufbruch von Journalistinnen im Irak: Wenn Medienfrauen Gesicht zeigen

Tamkeen Women will als erster Journalistinnenbund im Irak Medienfrauen miteinander vernetzen, beraten, unterstützen und fortbilden.

Eine Frau trägt eine Fahnenstange und eine Rose und eine Mundschutzmaske

Demonstrantin am internationalen Tag der Frau 2020 in Bagdad, Irak Foto: Murtadha Al-Sudani/AA/picture alliance

Am 8. März 2021 haben zwei irakische Journalistinnen und ich die Gründung von Tamkeen Women öffentlich angekündigt. Doch dann dauerte es noch sechs Monate, bis die „Ermächtigung der Frauen“, so der übersetzte Name, beim NGO-Department in Bagdad und Irakisch-Kurdistan offiziell registriert war. Die Idee für Tamkeen war während des Online-Workshops der taz Panter Stiftung für irakische Journalistinnen (Oktober 2020 bis Dezember 2021) gereift.

Teilweise kannten wir uns schon vorher, aber hier diskutierten wir viel über die extrem schwierige Situation irakischer Medienfrauen, denen allzu oft ihre Familien Steine in den Weg legen. Politische Themen dürfen Journalistinnen meist nicht bearbeiten, und in den sozialen Medien sind sie extrem konservativer Verachtung und anschließend leider nicht nur verbaler Gewalt ausgesetzt.

Auch ist die journalistische Ausbildung ungenügend. Erkennbar gibt es professionelle Schwächen. Wir glauben, dass unsere Kolleginnen Unterstützung bei der Entwicklung ihrer beruflichen Fähigkeiten brauchen.

Zudem stellten wir im Workshop fest, dass es im Irak einen signifikanten Mangel an Journalistinnen gibt, die sich auskennen und spezialisieren in so wichtigen globalen Themen wie Umwelt, Klimawandel, Wirtschaft, Korruption, Minderheiten, politische Analyse usw.

Ziel: Die Stärkung von Journalistinnen

„Tamkeen ist anders als viele Organisationen“, sagt Co-Gründerin und Online-Journalistin Manar Al-Zubaidi aus dem südirakischen Diwaniyah: „Wir machen vieles ehrenamtlich, begleiten die Journalistinnen kontinuierlich, wir verbessern ihre journalistischen Fähigkeiten und helfen ihnen zu publizieren.“

Neben den ehrenamtlich aktiven Gründerinnen aus Bagdad, dem Südirak und der kurdischen Region arbeiten weitere erfahrene Journalistinnen und Akademikerinnen als Ausbilderinnen und Trainerinnen.

Im Gründungsdokument haben wir unsere Ziele und Arbeitsfelder zusammengefasst:

– Stärkung der Journalistinnen in allen Sparten, auch den Community-Medien;

– Verbesserung der professionellen Sicherheit (physisch, mental und digital), um Erpressung zu vermeiden;

– Vermittlung von Rechten und gesetzlichen Einschränkungen;

– Vernetzung innerhalb der feministischen Community im Irak;

– Unterstützung und Rechtshilfe für Journalistinnen;

– Umfragen zu den Bedürfnissen irakischer Journalistinnen.

Auch Training mit praktischen Übungen

Wir stehen noch ganz am Anfang, glauben aber, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Eine unserer Teilnehmerinnen, Russell Al Zaher aus Anbar 360 Kilometer westlich von Bagdad, sagt: „Im Media College habe ich den besten Abschluss meiner Klasse gemacht. Nur hatten wir dort keinerlei praktische Übungen im Journalismus. Bei Tamkeen nahm ich an einem mehrmonatigen Training teil und konnte danach viel professioneller schreiben als vorher.“

Russell Al Zaher entwickelte sich so rasch, dass sie heute die Repräsentantin von Tamkeen in ihrem Heimatort Anbar ist, „Tamkeen ermutigt junge Journalistinnen wie mich, eine Führungsposition zu übernehmen“, fügt sie hinzu.

Und es gibt einen weiteren, gravierenden Unterschied zu anderen Organisationen im Irak: Tamkeen ist nicht begrenzt auf eine Region und schließt nicht Angehörige einer Religion oder einer Minderheit aus, wie es weit verbreitet ist.

Die Radiojournalistin und Co-Gründerin von Tamkeen, Rangeen Salam, Angehörige der Kaka’i-Minderheit aus dem kurdischen Halabscha, berichtet: „Als wir Tamkeen gründeten, war uns wichtig, dass die Organisation offen sein soll für Journalistinnen von verschiedenen religiösen und ethnischen Minderheiten, offen für alle, ohne Diskriminierung. Dass Frauen aus den verschiedenen Regionen des Iraks sich zusammenschließen, bedeutet uns viel. Alle anderen Organisationen arbeiten entweder in Bagdad oder in Kurdistan.“

Konflikte auch innerhalb der Familien

Journalistinnen, die aus familiären oder politischen Gründen gezwungen sind, ihr Zuhause zu verlassen, bieten wir psychologische und finanzielle Hilfe an. Neben Trainings-Workshops und Umfragen gehören Kampagnen gegen Verfolgung und für die Rechte von Journalistinnen ebenso zum Programm wie die Zusammenarbeit mit der Journalistengewerkschaft und dem Ministerium des Inneren mit dem Ziel der Gerechtigkeit für Journalistinnen.

In diesem Jahr werden wir eine Hotline einrichten für Beschwerden der Frauen über Diskriminierung.

Übersetzung: Petra Bornhöft

Die taz Panter Stiftung unterstützt Tamkeen Women auch nach dem Ende des 15-monatigen Workshops

Dieser Text ist Teil einer Beilage der taz Panter Stiftung und von Reporter ohne Grenzen in der taz vom 3. Mai 2022, dem Internationalen Tag der Pressefreiheit.

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