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Auf dem Kiez ist es zu lautSt. Paulis erster Nachtbeauftragter

Lärm rund um die Hamburger Reeperbahn? Ist normal, aber da hier auch Menschen leben, braucht es wen, der für Ruhe sorgt. Der wurde jetzt gefunden.

Hat viel Erfahrung im Quartiersmanagement gesammelt und soll nun den Kiez ruhiger machen: Sascha Bartz Foto: Markus Scholz/dpa

Hamburg taz | Als Sascha Bartz sich diese Woche in Hamburg-St. Pauli als neuer „Nachtbeauftragter“ vorstellt, wirkt der Stadtteil rund um die Reeperbahn im Sonnenschein wie ein ruhiges Wohnviertel. Es ist Montag, da ist nicht viel los. Doch Bartz' Stelle wurde geschaffen, weil BewohnerInnen sich in den vergangenen Jahren zunehmend über Lärm beschwert haben. Auch, weil sich seit Corona die Feierkultur von den Clubs auf die Straße verlagert hat. Bartz soll deshalb nun als Ansprechperson zwischen den Interessen von AnwohnerInnen, Gastronomie und Clubszene vermitteln und gegenseitiges Verständnis fördern.

Als er sich am Montag vorstellt, sagt er, er sei aufgeregt. Anzumerken ist es ihm nicht. Mit seinen weißen Sneakern wirkt er bodenständig und motiviert. Er hat sich mit seinem Träger „DeinQuartier“ auf die neue Stelle beworben und konnte sich gegen zwei Konkurrenten durchsetzen. Mit den Themen, die auf ihn zukommen vertraut. Bartz, der 1977 geborene Hamburger, war selbst schon von Lärm betroffen, wenn auch in anderen Stadtteilen. Heute wohnt er in Schleswig-Holstein, um mit seiner jungen Familie näher näher bei Eltern und Schwiegereltern zu sein.

Seit 20 Jahren arbeitet er im Quartiersmanagement unter anderem in der Hamburger Neustadt, einem Stadtteil zwischen Altstadt und St. Pauli. Seit 2019 leitet er die Geschäftsstelle des Quartiersbeirats Wohlwillstraße in St. Pauli. Dort gehe es um ganz ähnliche Konflikte, sagt Bartz zur taz, aber „nicht jeder reagiert gleich. Was im Portugiesenviertel funktioniert, muss ja nicht hier funktionieren.“

Entwickelt wurde die Idee des Nachtbeauftragter in den vergangenen zwei Monaten – in kleinen Workshops direkt vor Ort, in denen Lösungen für die Konflikte in der Straße gesucht wurden. Der Nachtbeauftragte soll eine neutrale Instanz sein.

Mehrere Städte mit Nachtbürgermeister

In mehreren deutschen Städten gibt es bereits Nachtbürgermeister, im Norden in Hannover und Delmenhorst. Im März hatte die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte dann beschlossen, das Pilotprojekt ein halbes Jahr lang mit 40.000 Euro zu finanzieren. Eine Ausweitung auf andere Stadtteile ist möglich, wenn es denn gut läuft.

Erreichbar wird der neue Nachtbeauftragte in den kommenden sechs Monaten in einem Büro in der Neustadt sein. Aber erst mal möchte er sich im Viertel bekannt machen. Gemeinsam mit dem Bezirksamt wird sich Bartz bei den Clubs und in der Gastronomie in St. Pauli persönlich vorstellen. An den Wochenenden und donnerstags will er dann abends und nachts im Viertel unterwegs sein.

Will kein „Stadtteil-Sheriff“ sein

Ganz allein ist er in seiner Funktion nicht. Im Rücken hat Bartz eine Lenkungsgruppe, in der neben AnwohnerInnen und VertreterInnen der Nachtkultur auch VertreterInnen von Polizei und Stadtreinigung sitzen.

Ein neuer „Stadtteil-Sheriff“ sei er übrigens nicht, betont Bartz. Eine Weisungsbefugnis hat er auch nicht. „Ich hoffe, dass wir ein Verständnis füreinander bekommen und den Leuten Wege aufzeigen können, wie man diese Konflikte löst“, sagt er. „Ohne immer gleich zu schreien: ‚Der muss jetzt weg‘ oder: ‚Der muss jetzt umziehen‘.“

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1 Kommentar

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  • Lärm ist eine üble Art von Umweltverschmutzung und macht krank.



    Private Feiern in Open-Air-Lautstärke bis in den Morgen, rollende Discos mit offenen Fenstern, an freien Tagen mit gutem Wetter Millionen von Spaßfahrzeugen, hauptsächlich Motorräder, größere und schwerere Autos, die viel lautere Abrollgeräusche verursachen - die Liste ist für einen Kommentar hier viel zu lang.



    Dauerbeschallung mit Knöpfen in den Ohren machen unsensibel und schließen die Umgeben aus, Staubsauger und Motor-Gartengeräte werden immer lauter, da ja Krach mit Leistung gleichgesetzt wird.



    Die ruheliebenden oder -bedürftigen Menschen bleiben auf der Strecke, selbst tun kann man gegen die Seuche nichts, und die Politik ist so zuverlässig wie seit Jahren damit beschäftigt, sich nur um sich selbst zu kümmern.