Audre-Lorde-Straße in Kreuzberg: Kreuzberger Schilderstreich
Die Manteuffelstraße in Kreuzberg wurde in Audre-Lorde-Straße umbenannt. Die Schilder wurden bislang nicht ausgetauscht.
„Wo ist die Audre-Lorde-Straße?“, kann man sich derzeit in Kreuzberg fragen. Der Bezirk hatte 2019 beschlossen, einen Teil der Manteuffelstraße umzubenennen – das nördliche Stück zwischen Köpenicker Straße und der Kreuzung, an der Oranienstraße und Skalitzer Straße die Manteuffel sowieso deutlich zerschneiden. Manteuffel war ein preußischer Ministerpräsident – höchst konservativ, wenn nicht gar demokratiefeindlich. Im vergangenen September wurde der Beschluss im Amtsblatt veröffentlicht, damit ist die Umbenennung rechtskräftig. Doch richtig umgesetzt ist sie bisher nicht: Auf den Straßenschildern ist immer noch Manteuffelstraße zu lesen. Und auch Google Maps weiß bisher nichts von einer Audre-Lorde-Straße in Berlin.
Krankenkassen kennen sie hingegen schon, sagt eine Anwohnerin der taz. Ihre Ärztin hätte sie gefragt, ob sie umgezogen sei. Der neue Straßenname sei auf ihrer Krankenkarte hinterlegt. Seit 16 Jahren lebe sie in der Straße, und sie „hätte erwartet, dass wir mal dazu befragt werden oder wenigstens direkt informiert“, sagt sie. Einige Briefe kämen bereits mit dem neuen Straßennamen. „Ich habe mich über Audre Lorde informiert, ich kann mit dem Namen gut leben“, sagt sie.
Auch andere Anwohner*innen berichten von Problemen mit der Krankenkassenkarte. Eine Frau, die vor gut drei Jahren nach Berlin gezogen ist, sagt, dass ihre Vermieterin (Deutsche Wohnen) sie bei einer Nachfrage letztens erst nicht gefunden habe, weil sie dort bereits unter der neuen Straße gespeichert sei. Die Umbenennung findet sie lästig. „Wie wird das überhaupt geschrieben? Das sehe ich dann wohl, wenn die Schilder hängen“, sagt sie.
Der Bezirk gibt an, es sei kompliziert: man habe hier erstmals eine „Teilumbenennung“ durchgeführt, und das sei – im Vergleich zu kompletten Straßenumbenennungen – ein „komplexer Prozess“, der eine „andere Herangehensweise“ erfordere. Es könne etwa vorkommen, dass Hausnummern geändert werden müssen. 1.559 Anwohnende seien von der Umbenennung betroffen. Zu neuen Schildern könne der Bezirk aktuell nichts sagen.
Die Erinnerung an Lorde in Berlin halten derweil ihre Freund*innen und Wegbegleiter*innen wach. Aktuell zeigt das FHXB-Museum Porträts von ihr. Und seit 2016 gibt es eine Audre Lorde City Tour: ein Rundgang an die Orte ihres Schaffens in Berlin.
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